BERLIN (Dow Jones)--Der Pauschalreiseveranstalter Tui hat den geplanten Stellenabbau bei seiner Tochter Tuifly verteidigt. Der Konzern habe mit dem Betriebsrat vereinbart, dass alle Arbeitsplätze zunächst bis Ende 2021 abgesichert seien, erklärte Geschäftsführer Marek Andryszak anlässlich einer Online-Pressekonferenz der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). "Wir versuchen, sozialverträglich zu handeln." Doch es sei nicht möglich, 300.000 Euro für ein Flugzeug zu bezahlen und es dann am Boden stehen zu lassen. Zwischen dem Flottenabbau und dem Abbau von Arbeitsplätzen bestehe ein "eindeutiger Zusammenhang".
Der Tui-Aufsichtsrat hatte in der vergangenen Woche dem Vorschlag des Tuifly-Managements zugestimmt, seine Flotte von 39 Maschinen um etwa die Hälfte zu reduzieren. Mitte Mai hatte der Konzern den Abbau von rund 8.000 Stellen weltweit angekündigt. Das Unternehmen habe die Krise aber auch genutzt, um seine internen Abläufe und digitalen Prozesse neu aufzustellen, betonte Andryszak. "Dinge, die wir bisher halbhändisch gemacht haben, mussten geändert werden." Während die Buchungen in Reisebüros um 60 Prozent zurückgegangen seien, sei der Onlinevertrieb in Deutschland um 20 bis 30 Prozentpunkte schneller gewachsen als Offline.
Mit dem Wegbruch der Fernreisen sei nun auch der inländische Tourismus für den Konzern ein Thema, so Andryszak. Seit Ende Mai sei klar, dass Pauschalreisen in Deutschland und Österreich wieder möglich seien. All das werde die Tui AG zwar "nicht retten", dennoch habe man sich damit "intensiver beschäftigt als zuvor", betonte der Tui-Geschäftsführer. "Das Thema Reisen in die Ferne ist entweder über Preis zu regeln oder regulatorisch insgesamt."
Mit Blick auf die Nachhaltigkeit seines Konzerns erklärte der Tui-Chef, dass er auf neuere Flotten bei Flugzeugen und Schiffen setze. Bei künftigen Reisen werde auch das Thema Bildung eine größere Rolle spielen. Je nach Expertenschätzung trägt der Reisesektor bis zu acht Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen bei.
Nach Schätzungen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) wird der Tourismus in diesem Jahr um mindestens 60 Prozent schrumpfen. Sollten die Reisebeschränkungen statt im Juli erst im September wieder aufgehoben werden, dürfte der Einbruch sogar bei 75 Prozent oder - falls sie bis Jahresende dauern - gar bei 80 Prozent liegen.
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June 23, 2020 05:31 ET (09:31 GMT)
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