FRANKFURT (Dow Jones)--Die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) hat nach der Insolvenz des Bezahldienstleisters Wirecard Strafanzeige gegen zwei amtierende und einen ehemaligen Abschlussprüfer der Ernst & Young GmbH (EY) gestellt. Der Wirtschaftsprüfer sei ab dem Geschäftsjahr 2009 mit der Prüfung des Konzernabschlusses und Jahresabschlusses von Wirecard beauftragt gewesen. Doch erst nach elf Jahren und einer Sonderuntersuchung des Konkurrenten KPMG seien auch EY die Mängel bei dem inzwischen im DAX notierten Konzern aufgefallen, schreiben die Aktionärsschützer.
Das Testat für den Jahresabschluss 2019 hat EY Wirecard wegen gefälschter Unterlagen verweigert. Der Wirtschaftsprüfer monierte das Fehlen von mehr als 1,9 Milliarden Euro an angeblichen Bankguthaben und geht inzwischen von einem umfassenden und konspirativen Betrug aus.
"Gerade die Überprüfung der Existenz von Bankguthaben gehört zu den eher leichteren Aufgaben eines Abschlussprüfers und das Vorgehen hierbei ist klar geregelt", so die SdK. Jedoch sei Medienberichten zu Folge für die Jahre 2016 bis 2018 von Seiten der Abschlussprüfer keine Saldenbestätigung bei den betreffenden Banken angefordert worden. "Aus Sicht der SdK ist es auch völlig unverständlich, dass trotz kritischer Fragestellungen von Seiten der SdK, großen Hedgefonds und vor allem der Financial Times hier anscheinend in den Vorjahren keine Prüfung stattgefunden hat, die den eigenen Maßstäben von Ernst & Young entspricht."
Am Donnerstag hat Wirecard wegen drohender Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung einen Insolvenzantrag gestellt. Wirecard drohte die Kündigung von Krediten im Umfang von 1,3 Milliarden Euro Ende Juni. Von den hohen Verlusten durch den Kurseinbruch sind laut SdK neben institutionellen Investoren vor allem Privatanleger betroffen.
Die SdK hält ihren Angaben zufolge eine Aktie der Wirecard AG. Die Aktionärsschützer kündigten an, auf künftigen Hauptversammlung bis auf Weiteres gegen eine Bestellung von EY zum Abschlussprüfer bzw. Konzernabschlussprüfer zu stimmen - und zwar so lange, bis der Wirtschaftsprüfer zur Prüfungspraxis ausführlich Stellung genommen und erläutert habe, wie in Zukunft Bilanzmanipulationen dieses Ausmaßes aufgedeckt werden sollen.
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June 26, 2020 05:34 ET (09:34 GMT)
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