Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones)--Die Bundestags-Fraktionen haben sich nach Angaben des Parlaments zum Teil sehr kritisch mit der Rolle von Aufsicht und Prüfern im Zusammenhang mit der Wirecard-Pleite befasst. In einer Sitzung des Finanzausschusses erklärte ein Vertreter der CDU/CSU-Fraktion, dass ein DAX-Konzern in wenigen Tagen ins Nichts falle, habe zu einem großen Vertrauensschaden geführt, berichtete der Bundestags-Pressedienst. Die Finanzmarktteilnehmer müssten darauf vertrauen können, dass bei im regulierten Markt gelisteten Firmen ein Schutz bestehe.
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) sei ein Teil der Entwicklung gewesen. Die CDU/CSU-Fraktion kritisierte demnach wie auch andere Fraktionen, dass die Bafin früher gestellte Fragen zu Wirecard nicht beantwortet habe. Die SPD-Fraktion nannte den Fall Wirecard laut den Angaben einen "Vorgang mit enormer krimineller Energie". Die Haftung der Wirtschaftsprüfer müsse geändert werden. Die FDP-Fraktion warf der Bafin eine Fehlbeurteilung des Falles Wirecard vor, und die Grünen hatten demnach den Eindruck einer "kollektiven Unverantwortlichkeit". Der Schaden sei enorm, die Defizite müssten aufgearbeitet werden.
Zuvor hatte die Bundesregierung laut den Angaben den Fall Wirecard als in höchstem Maße besorgniserregend bezeichnet. Man stehe vor der Herausforderung, das Vertrauen in den Finanzmarkt dauerhaft wieder zu stärken. Kritische Fragen würden sich an Management und Vorstand sowie an Prüfer und Aufsichtsstellen richten. Eine erste Schlussfolgerung sei, dass das bisherige zweistufige und auf Konsens aufgebaute System der Finanzkontrolle für Fälle von massiver Bilanzfälschung nicht effektiv genug sei und effektiver gemacht werden solle. Auf den Prüfstand müsse auch die Rolle der Aufsicht über die Wirtschaftsprüfer.
Wirecard nicht als Finanzholding eingestuft
Bafin-Präsident Felix Hufeld verteidigte nach den Angaben das Verhalten seiner Behörde. Die Bafin habe im Januar 2019 anonyme Hinweise wegen Wirecard bekommen. Etwas später habe es eine Artikelserie in der Financial Times gegeben. Dies habe die Bafin veranlasst, ihr schärfstes Instrument mit Blick auf Bilanzfragen anzuwenden und die Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) zu einer Bilanzprüfung aufzufordern.
Wenn der DPR-Prüfbericht vorliege, habe die Bafin das Recht, den Fall an sich zu ziehen. Das Prüfergebnis zu Wirecard liege aber bisher nicht vor. Wirecard sei ein Technologieunternehmen und keine Finanzholding, und daher sei man zwingend auf das zweistufige Verfahren angewiesen. Nur bei einer Einstufung als Finanzholding sei die Bafin Herr des Verfahrens.
Die Bafin stellte in einer eigenen Mitteilung zudem klar, Hufeld habe "zu keinem Zeitpunkt in der Sitzung des Finanzausschusses" vorgetragen, dass die Einstufung von Wirecard als Finanzholding an der Europäischen Zentralbank (EZB) gescheitert sei. "Er hat im Gegenteil betont, dass alle bisherigen Entscheidungen in vollständigem Konsens mit den beteiligten Institutionen Deutsche Bundesbank und EZB getroffen worden sind." Wirecard sei bislang nach Einschätzung aller beteiligten Institutionen nicht als Finanzholding einzustufen gewesen.
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July 01, 2020 12:42 ET (16:42 GMT)
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