
Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)--Die Europäische Zentralbank (EZB) ist nach den Worten von EZB-Direktorin Isabel Schnabel zufrieden mit der Lösung, die für den Umgang mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zum PSPP-Staatsanleihekaufprogramm gefunden wurde. "Wir finden diese Lösung zufriedenstellend, besonders deshalb, weil die Unabhängigkeit der EZB nicht beeinträchtigt wurde", sagte Schnabel in einem Interview mit der Zeitung NRC Handelsbad.
Die EZB hat sich laut Schnabel in der Sache konstruktiv verhalten, obwohl sie der Rechtssprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) unterliegt, nicht der des Bundesverfassungsgerichts. "Wir wollten die Situation nicht eskalieren lassen", sagte Schnabel.
Das Bundesverfassungsgericht hatte der EZB vorgeworfen, die Verhältnismäßigkeit des Staatsanleihekaufprogramms PSPP nicht ausreichend begründet zu haben. Es hielt der EZB vor, bei der Abwägung von Nutzen und Schäden der Käufe die wirtschaftspolitischen Nebenwirkungen nicht hinreichend zu berücksichtigen. Dem Europäischen Gerichtshof (EuGH), der das PSPP als rechtmäßig eingestuft hatte, bescheinigen die Karlsruher Richter methodische Fehler.
Die EZB sollte nach dem Willen der Karlsruher Richter binnen drei Monaten nachweisen, dass das PSPP angemessen ist. Andernfalls darf die Bundesbank als Teil des Eurosystems nicht mehr am PSPP teilnehmen. Bundestag und Bundesregierung gab das Bundesverfassungsgericht auf, auf eine Verhältnismäßigkeitsprüfung seitens der EZB hinzuwirken.
Inzwischen hat die EZB der Bundesbank erlaubt, nicht-öffentliche Dokumente an Bundesregierung und Bundestag weiterzugeben, die belegen, dass eine ausführliche Abwägung der Folgen geldpolitischer Maßnahmen stattgefunden hat. Außerdem erörterte der EZB-Rat diese Folgen in der Sitzung Anfang Juni ausführlich, was im Protokoll der Sitzung dokumentiert wurde.
Bundestag und Bundesregierung haben erklärt, dass sie die Erläuterungen der EZB ausreichend finden. Einer weiteren Beteiligung der Bundesbank am PSPP steht damit nichts mehr im Wege.
Vor einigen Wochen hat die Bundestagsfraktion der AfD eine Verfassungsbeschwerde gegen ein weiteres Kaufprogramm der EZB angekündigt, das Pandemiekaufprogramm PEPP: Nach Auskunft des Bundesverfassungsgerichts ist dort bisher aber keine Beschwerde eingegangen.
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July 08, 2020 02:24 ET (06:24 GMT)
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