BERLIN (Dow Jones)--Führende Unions-Außenpolitiker haben sich vor dem heutigen EU-Außenministertreffen gegen eine deutlich härtere Gangart gegen China angesichts des neuen Sicherheitsgesetzes gegen Hongkong ausgesprochen. Eine mögliche Aussetzung des Auslieferungsabkommens mit Hongkong wäre nur ein "symbolischer Akt, der uns in der Sache nicht weiterbringen würde", sagte der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jürgen Hardt (CDU), im Deutschlandfunk. Deutschland profitiere vom Rechtshilfeabkommen mit Hongkong mehr als umgekehrt.
"Es gibt eine ganze Reihe von Fällen, wo deutsche und europäische Gerichte in Hongkong Unterstützung bekommen", so Hardt. Zudem werde nach deutschem Recht auch "selbstverständlich" in jedem Einzelfall geprüft, ob es sich bei der Ermittlung um ein klassisches Verbrechen handle oder ob es politisch motiviert sei. Stattdessen regte der CDU-Außenpolitiker an zu prüfen, "ob man die Visa erleichtern kann". Es brauche weiterhin den intensiven Austausch von Geschäftsleuten und Studenten. Dies eröffne den Menschen in Hongkong auch weiterhin Freiheitsräume.
Auch der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Norbert Röttgen, zeigte sich mit Blick auf weitere Eskalationsschritte vorsichtig. Auf die Frage des ZDF-Morgenmagazins, ob angesichts des chinesischen Vorgehens nun Sanktionen nötig seien, erklärte der Bewerber um den CDU-Vorsitz: "Ich glaube, dass klare Worte das ist (Anm. der Redaktion: sind), was wir zur Verfügung haben. Es ist nicht mehr." Es sei aber auch nicht ganz wenig, so Röttgen. Denn China sei an seinem Image "extrem gelegen".
Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) kurz vor den Beratungen, er habe sich dafür eingesetzt, rasch darüber zu beraten, welche Konsequenzen sich aus dem Gesetz für das Verhältnis zu Hongkong und China ergeben. "Ich bin fest davon überzeugt, wir können gegenüber China nur dann etwas erreichen, wenn wir als EU geschlossen mit einer Stimme sprechen", sagte Maas. "Am Montag wird es dazu erste Vorschläge geben."
Am Wochenende hatte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) auf die engen wirtschaftlichen Beziehungen zu China verwiesen. "Es war immer die Politik der westlichen Staatengemeinschaft, auch der EU, dass internationale Handelsbeziehungen nicht allein daran ausgerichtet werden können, wie demokratisch ein Land ist", sagte er der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (Samstagsausgabe). Zugleich will Altmaier Gespräche mit deutschen Unternehmen in Hongkong führen. "Wir müssen mithelfen, dass diese Unternehmen sowie ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, egal welcher Nationalität sie angehören, nicht in Gefahr geraten."
Das umstrittene chinesische Sicherheitsgesetz richtet sich gegen Aktivitäten, die von der Regierung in Peking als subversiv, separatistisch oder terroristisch eingestuft werden. Kritiker sehen darin ein Ende des Prinzips "Ein Land, zwei Systeme", nach dem Hongkong seit der Rückgabe durch Großbritannien an China 1997 verwaltet wird.
Bei dem heutigen EU-Außenministertreffen in Brüssel kommen die EU-Außenminister erstmals seit Beginn der Corona-Pandemie wieder persönlich zusammen. Bei den Gesprächen geht es auch um die Beziehungen zur Türkei und die Corona-Pandemie in Lateinamerika, wo die Infektionszahlen in vielen Ländern weiter deutlich steigen.
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July 13, 2020 04:12 ET (08:12 GMT)
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