BERLIN (Dow Jones)--Die deutschen Arbeitgeber haben angesichts eines drohenden Lieferkettengesetzes vor einem Rückzug aus internationalen Handelsverbindungen gewarnt. "Das kann die Folge sein", sagte der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Steffen Kampeter, im Deutschlandfunk. "Die Politik muss sich klar überlegen, ob sie die Rahmenbedingungen für internationales Handeln auch noch praxistauglich ausgestaltet."
Hintergrund ist die heutige Vorstellung der Ergebnisse der zweiten bundesweiten Unternehmensbefragung zum Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte (NAP). Die Bundesregierung hatte darin die Unternehmensberatung EY beauftragt, deutsche Firmen zu befragen, inwiefern sie Sozial- und Umweltstandards in ihren Lieferketten überwachen und etwa Kinderarbeit ausschließen. Rund 600 Firmen haben sich laut BDA daran beteiligt. Kampeter betonte, die meisten deutsche Unternehmen hielten sich an ethische Prinzipien.
Der BDA-Hauptgeschäftsführer kritisierte, dass bei dem Gesetzentwurf, dessen Eckpunkte bereits vorliegen, das Haftungsrisiko für ein mittleres oder kleines Unternehmen unüberschaubar werde. Denn die Grenze, ab der Betriebe auch ihre Vorprodukte kontrollieren müssten, soll bereits bei 500 Beschäftigten einsetzen. "Sie können nur für das haftbar gemacht werden, was Sie auch selbst verantworten können", sagte Kampeter. Mit diesem Vorgehen würde die deutsche Wirtschaft "auf die Anklagebank gesetzt" und das sei "eine bösartige Verzerrung der Realität".
Nach Spiegel-Informationen haben indes weit unter 50 Prozent der Unternehmen in dieser Umfrage befriedigend darlegen können, ein funktionierendes Überwachungssystem für ihre Wertschöpfungskette aufgebaut zu haben. Eine erste Befragung im vergangenen Herbst war ebenfalls zu schlechten Ergebnissen gekommen. Das Bundesarbeitsministerium von Hubertus Heil (SPD) verwies auf Anfrage von Dow Jones Newswires auf eine Pressekonferenz am Nachmittag, bei der die Ergebnisse der Umfrage vorgestellt werden sollen. Neben Heil will auch Entwicklungshilfeminister Gerd Müller (CSU) sprechen.
Nach Spiegel-Informationen hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gefordert, das Lieferkettengesetz voranzutreiben. Im März hatten Merkel und Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU), der das Gesetz ablehnt, mit Blick auf die Corona-Krise Heil und Müller noch gestoppt. Union und SPD hatten eine entsprechende Vereinbarung im Koalitionsvertrag geschlossen.
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July 14, 2020 02:49 ET (06:49 GMT)
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