Von Stephen Fidler und Max Colchester
LONDON (Dow Jones)--Im Streit um den chinesischen Telekomausrüster Huawei hat die USA erfolgreich Einfluss auf die britische Regierung genommen. Diese verkündete am Dienstag, Telekom-Netzanbietern sei es künftig untersagt, neue Technik von Huawei zu installieren, überdies müssten sie bereits installierte Geräte zum Betrieb des neuen 5G-Mobilfunknetzes bis spätestens 2027 wieder entfernen.
Downing Street vollzog damit eine scharfe Kehrtwende, die einen bedeutenden Sieg für die USA darstellt. Sie folgt neuen US-Beschränkungen für den Verkauf von Huawei-Computerchips. Zwischen Großbritannien und China hatten sich die Beziehungen wegen des neuen Sicherheitsgesetzes über die ehemalige britische Kolonie Hongkong erheblich verschlechtert.
Oliver Dowden, der für Digitalthemen zuständige britische Minister, sagte vor dem Unterhaus, Neuanschaffungen seien bei 5G-Geräten von Huawei ab Ende dieses Jahres verboten. Die bislang verbauten Komponenten Ausrüstung des chinesischen Unternehmens müssten bis 2027 aus den britischen Netzen entfernt werden. Noch im Januar hatte die britische Regierung behauptet, man könne das Risiko von Huawei-Ausrüstung in den Mobilfunknetzen mindern.
London könnte Huawei auch bei Glasfaser ausschließen
Das Vereinigte Königreich leitet überdies eine Konsultation zu der Frage ein, wann auch der Kauf von Huawei-Ausrüstung zum Einsatz im Glasfasernetz des Landes verboten werden soll. Die darauf folgende Übergangsfrist wird voraussichtlich nicht länger als zwei Jahre dauern.
Zuletzt hatten die USA ihren Druck auf die europäischen Regierungen erhöht, Technik von Huawei beim Aufbau der 5G-Netze auszuschließen. Hochrangige US-Beamte unter der Leitung des nationalen Sicherheitsberaters der USA, Robert O'Brien, und seine Amtskollegen aus Italien, Deutschland, Frankreich und Großbritannien treffen sich diese Woche in Paris.
Die Trump-Administration erhöhte im Mai ihren Druck auf Huawei. Sie nutzte gültige Exportbestimmungen dazu, globale Lieferanten daran zu hindern, solche Chips von Huawei zu verkaufen, die auf US-Maschinen hergestellt wurden. Daraufhin stellten britische Beamte die Qualität des Huawei-Bausatzes für die Zukunft infrage.
US-Regierungsvertreter behaupten seit langem, Peking könnte Huawei anweisen, mit Hilfe ihrer Technik die 5G-Netze auszuspionieren oder zur Sabotage nutzen. 5G liefert superschnelle drahtlose Geschwindigkeiten für kommende Technologien wie selbstfahrende Autos. Huawei und die chinesische Regierung weisen derartige Vorwürfe regelmäßig zurück.
Victor Zhang, der Chef des Huawei-Geschäfts in Großbritannien, sagte im Juni, das Unternehmen habe eine gute Bilanz vorzuweisen und sei gerne bereit, mit der britischen Regierung zusammenzuarbeiten, um "alle Bedenken, die sie haben könnten, auszuräumen und die Arbeitsbeziehung fortzusetzen, die wir in den letzten zehn Jahren hatten". Huawei hat sich in Großbritannien einen bedeutenden Marktanteil gesichert, was darauf zurückzuführen ist, dass die Telekom-Anbieter dessen Technik als qualitativ hochwertig und zugleich preiswert einstufen.
Die britischen Beziehungen zu China haben sich allerdings rasch verschlechtert, seit Premierminister Boris Johnson Huawei im Januar grünes Licht für den Aufbau eines Teils des 5G-Netzes gab. Damals sagten Regierungsvertreter, die Risiken im Zusammenhang mit Huawei-Technik ließen sich dadurch klein halten, dass dem Ausrüster ein maximaler Anteil von 35 Prozent am 5G-Netz zugestanden wird und er von dessen Kernbereich ausgeschlossen wird, in dem ein Großteil der Informationen des Netzes verarbeitet wird.
Erneute Überprüfung von Huawei
Ausgelöst durch das US-Exportverbot leitete das National Cyber Security Centre des Vereinigten Königreichs, Teil des elektronischen Nachrichtendienstes GCHQ, im Mai eine neue Überprüfung von Huawei ein. Die politische Kehrtwende vollzog sich während der Coronavirus-Pandemie.
Es wird erwartet, dass die jetzige Ausschlussentscheidung breitere Diskussionen darüber auslösen wird, wie Großbritannien, die USA und andere Verbündete sich von der chinesischen Technologie und Produktion abnabeln können. Die Frage ist auch deshalb auf der Agenda, weil sich in der Pandemie gezeigt hat, wie abhängig der Westen von medizinischen Hilfsgütern für Krankenhäuser und Pflegepersonal ist, die in China hergestellt werden.
Kanada ist das einzige Land aus dem Geheimdienstbündnis Five Eyes, dem neben den USA noch Großbritannien, Australien und Neuseeland angehören, das bisher nicht entschieden hat, ob Huawei-Geräte im heimischen 5G-Netz eingesetzt werden dürfen.
Führungskräfte von British Telecom haben bereits erklärt, dass eine kurze Frist für das Herausreißen von Huawei-Geräten aus ihren Netzen zu Versorgungsausfällen für die Kunden führen, Milliarden von Pfund kosten und die Einführung von 5G verzögern würde.
Leitende Manager von Vodafone und BT Group sagten vergangene Woche vor einem parlamentarischen Ausschuss, es sei ein Zeitrahmen von fünf bis sieben Jahren erforderlich, um Huawei-Geräte so aus dem Netz entfernen zu können, damit Störungen im Netz vermieden würden. Trotzdem drängte eine Gruppe konservativer Abgeordneter die Regierung, Huawei-Technik schneller verpflichtend entfernen zu lassen.
(Mitarbeit: Jenny Strasburg)
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July 14, 2020 09:13 ET (13:13 GMT)
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