Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones)--Die deutsche Industrie hat vor dem am Freitag beginnenden EU-Sondergipfel eine Einigung auf das geplante europäische Wiederaufbauprogamm und den neuen Finanzrahmen angemahnt. "Ein schneller Konsens ist zentrale Voraussetzung, um den wirtschaftlichen Erholungsprozess in der EU rechtzeitig in Schwung zu bringen", sagte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Joachim Lang. "Die Zeit drängt."
Der Erfolg der deutschen EU-Ratspräsidentschaft hänge wesentlich von einer Einigung über den neuen Finanzrahmen und den EU-Wiederaufbaufonds ab. Der BDI erwarte für das Jahr 2020 einen Wirtschaftseinbruch bis zu 9 Prozent in der EU. Frühestens 2022 werde Europa das Vor-Krisen-Niveau erreichen. Steuererhöhungen seien dabei "Gift für Wohlstand und Beschäftigung", warnte Lang. Vorsicht sei zudem geboten, "nun nicht am falschen Ende zu sparen".
Mehr als zuvor müssten Investitionen in die Zukunft oberste Priorität haben. Sie seien der Schlüssel für die künftige Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Europa. Gemeinsam mit den EU-Mitgliedstaaten müsste die Kommission beispielsweise das Forschungsprogramm Horizon Europe bis 2027 mit mindestens 120 Milliarden Euro ausstatten, forderte der BDI-Hauptgeschäftsführer. Die aktuell dotierten 80 Milliarden Euro reichten nicht aus, um wichtige Technologien wie künstliche Intelligenz voranzutreiben und Innovationen zu stärken.
Die EU-Staats- und Regierungschefs wollen am Freitag und Samstag bei einem Sondergipfel in Brüssel über den geplanten EU-Wiederaufbaufonds und den Haushaltsplan für die Zeit von 2021 bis 2027 beraten. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat zusammen mit Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron einen Fonds über 500 Milliarden Euro vorgeschlagen, den die EU-Kommission noch um 250 Milliarden ausgeweitet hat. Die "sparsamen vier" Staaten Österreich, Niederlande, Dänemark und Schweden stören sich aber bislang vor allem daran, dass überwiegend Zuschüsse geplant sind.
Nach dem Vorschlag des Präsidenten des Europäischen Rates, Charles Michel, soll der Aufbaufonds wie von der EU-Kommission vorgeschlagen 750 Milliarden Euro und eine Mischung aus Zuschüssen und Krediten umfassen. Den Ansatz für den Haushaltsplan von 2021 bis 2027 kürzte er aber auf 1,074 Billionen Euro. Auch aus Deutschland kam daran Kritik.
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July 16, 2020 03:34 ET (07:34 GMT)
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