
Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones)--Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) will bei einer Videokonferenz der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer (G20) am Samstag laut deutschen Regierungskreisen darauf dringen, dass der Plan einer internationalen Mindestbesteuerung trotz der veränderter Bedingungen in der Corona-Pandemie weiter verfolgt wird. "Es geht darum, die Dynamik aufrecht zu erhalten, trotz Corona, trotz US-Wahlen", sagte ein hochrangiger Beamter aus dem Finanzministerium. "Da sind wir dran."
Die Idee sei, "einen Fahrplan zu entwickeln, wie wir mit der ganzen Frage umgehen". Der Zeitpunkt dafür sei der Oktober. Dann wird es traditionell im Zuge der Jahrestagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) auch eine G20-Finanzministertagung geben. Scholz will in der Sitzung zu dem Block, bei dem es um die Neuordnung von Besteuerungsrechten und eine Mindestbesteuerung geht, den Angaben zufolge in seiner Eigenschaft als derzeitiger Vorsitzender des EU-Finanzministerrates die europäische Position vertreten.
Zudem soll es bei dem virtuellen Treffen um die aktuelle Lage der Weltwirtschaft und die verschiedene Betroffenheit der einzelnen Länder durch die Folgen der Coronavirus-Pandemie gehen. Der Internationale Währungsfonds (IWF) werde aber keine neue Prognose vorstellen, sagte der Beamte. Der IWF hatte erst jüngst einen Rückgang der weltweiten Wirtschaftsleistung um 4,9 Prozent vorausgesagt. "Das ist schon etwas, das uns alle umtreiben muss", kommentierte der Beamte. Was die wirtschaftlichen Maßnahmen in Reaktion auf die Krise angehe, könne Deutschland nicht zuletzt wegen der Kurzarbeitsregeln aber "ein bisschen als Musterschüler gelten".
Bei dem Treffen soll es den Angaben zufolge unter anderem auch weitere Diskussionen über das Schuldenmoratorium der G20 für die ärmsten Länder der Welt und eine Neuverteilung von IWF-Sonderziehungsrechten gehen, um einzelnen Staaten mehr Finanzspielraum zu geben. Bei dieser Frage werde man aber aufgrund bestehender Widerstände "nicht zum Abschluss kommen".
Die Finanzminister und Notenbankchefs der G20 hatten sich bereits Ende Februar bei einem Treffen in Riad für eine globale Mindeststeuer und eine Neuordnung internationaler Besteuerungsrechte bis Ende des Jahres stark gemacht. Scholz hatte sich seinerzeit in der saudi-arabischen Hauptstadt "verhalten zuversichtlich" sowohl für eine Vereinbarung über eine globale Mindestbesteuerung als auch eine Lösung für die Neuzuordnung von Besteuerungsrechten gezeigt, damit auch Digitalkonzerne angemessen Steuern zahlen. Die Corona-Krise hat aber inzwischen zu Forderungen geführt, Belastungen von Unternehmen derzeit möglichst zu vermeiden.
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July 16, 2020 11:00 ET (15:00 GMT)
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