
Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones)--Wenn es in den kommenden Monaten keine massive neue Corona-Welle gibt, hat die deutsche Wirtschaft laut einer neuen Studie steigende Aussichten, im dritten Quartal aus der Rezession zu kommen. Der Konjunkturindikator des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) zeige für den Zeitraum von Juli bis Ende September eine mittlere Rezessionswahrscheinlichkeit von 31 Prozent an - nach knapp 96 Prozent im Juni, erklärte das Institut.
Das nach dem Ampelsystem arbeitende IMK-Frühwarnsystem schaltet den Angaben zufolge deshalb von "rot" (akute Rezession) zurück auf gelb-rot (erhöhte konjunkturelle Unsicherheit). Allerdings sei die statistische Streuung im Indikator, die die Verunsicherung vieler Wirtschaftsakteure widerspiegle, mit 40 Prozent sehr hoch. Das gelte insbesondere für den laufenden Monat. "Deshalb bewerten die Forscher die Aufhellung noch zurückhaltend", erklärte das IMK.
Dass die Rezessionswahrscheinlichkeit kräftig zurückgegangen ist, liegt nach der IMK-Analyse in erster Linie an einer Entspannung bei Finanz- und Stimmungsindikatoren. So sei der Stress auf den Finanzmärkten ebenso gesunken wie die Zinsdifferenz zwischen Unternehmens- und Staatsanleihen. Das zeige, dass Unternehmen sich wieder günstiger finanzieren könnten, weil das Risiko von Insolvenzen etwas niedriger eingeschätzt werde. Außerdem wirkten sich optimistischere Geschäftserwartungen der Unternehmen aus, vor allem beim Export.
Die neuen Zahlen bestätigen laut IMK dessen aktuelle Prognose, nach der in der zweiten Jahreshälfte mit einer moderaten konjunkturellen Erholung zu rechnen ist. "Der deutliche Rückgang der Rezessionswahrscheinlichkeit sollte angesichts der Tiefe des Wirtschaftseinbruchs aber nicht überinterpretiert werden, zumal der Einfluss realwirtschaftlicher Daten auf das Ergebnis begrenzt und die Volatilität der Finanzmärkte hoch ist", betonte IMK-Konjunkturexperte Thomas Theobald.
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July 17, 2020 06:47 ET (10:47 GMT)
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