(durchgehend aktualisiert)
BRÜSSEL (dpa-AFX) - Können Ländern wie Polen oder Ungarn bei Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit künftig EU-Mittel gekürzt werden oder nicht? Die EU-Kommission hat eingeräumt, dass der von den Staats- und Regierungschef getroffene Beschluss zu einem neuen Instrument gegen Rechtsstaatsverstöße Fragen aufwirft. In Wahrheit sei noch nicht klar, ob man einen neuen Vorschlag machen werde, erklärte ein ranghoher Beamter am Mittwoch in Brüssel. Man werde aber sehr bald eine Entscheidung treffen.
Das neue Instrument soll es ermöglichen, EU-Ländern Mittel zu kürzen, wenn sie zum Beispiel die Pressefreiheit oder die Unabhängigkeit der Justiz einschränken. Die Regierungen von Staaten wie Ungarn oder Polen wollen dies aber um jeden Preis verhindern. Sie fürchten, dass die Regelung vor allem gegen sie angewandt werden könnte.
Die am Dienstag beim EU-Gipfel nach tagelangen Verhandlungen getroffene Kompromissformel zum Thema ist sehr vage. In ihr heißt es, dass eine "Konditionalitätsregelung zum Schutz des Haushalts" eingeführt werde und dass die Kommission im Fall von Verstößen gegen die Achtung der Rechtsstaatlichkeit Maßnahmen vorschlagen werde. Diese könnten dann vom Ministerrat mit qualifizierter Mehrheit angenommen werden.
Fraglich ist aber nach dem Gipfel, ob die "Konditionalitätsregelung" ohne die Zustimmung von Polen und Ungarn eingeführt werden kann. Die beiden Staaten bestanden nämlich auf den Zusatz, dass sich ein EU-Gipfel noch mal mit dieser Angelegenheit "befassen" wird. Da im Europäischen Rat das Einstimmigkeitsprinzip herrscht, könnten sie die neue Regelung dort blockieren - zumindest nach ihrer Interpretation.
Weiterer Streit über das Thema sei programmiert, hieß es am Mittwoch in Brüssel. Andere Mitgliedstaaten und die EU-Kommission vertreten die Auffassung, dass die geplante Regelung bei einem Ministerrat mit qualifizierter Mehrheit beschlossen werden kann - ungeachtet der "Befassung" beim Gipfel.
In ersten Reaktionen hatten am Dienstag sowohl Befürworter als auch Gegner die Gipfeleinigung als Sieg für ihre Sache zu verkaufen versucht. "Jeder Versuch, der darauf abzielte, zwei wichtige Fragen - die der EU-Gelder und die der Rechtsstaatlichkeit - miteinander zu verbinden, wurde erfolgreich zurückgewiesen", sagte der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sagte hingegen, ihre Behörde bekomme nun die nötigen Instrumente, um die Rechtsstaatlichkeit effektiv schützen zu können.
Noch unter Jean-Claude Juncker hatte die EU-Kommission bereits 2018 einen Vorschlag gemacht, der allerdings im Ministerrat bis heute nicht weiterkam. "Verordnung über den Schutz des Haushalts der Union im Falle von generellen Mängeln in Bezug auf das Rechtsstaatsprinzip in den Mitgliedstaaten", lautet der etwas umständliche Titel.
Die Frage, wie es nun weitergehen soll, war am Mittwoch auch Thema bei Beratungen der EU-Botschafter in Brüssel. Nach Angaben von Diplomaten beabsichtigt die amtierende deutsche EU-Ratspräsidentschaft auf Basis des vorliegenden Kommissionsvorschlags weiterzuarbeiten. Sie solle aber im Lichte der Gipfelbeschlüsse angepasst werden, hieß es./aha/DP/fba
BRÜSSEL (dpa-AFX) - Können Ländern wie Polen oder Ungarn bei Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit künftig EU-Mittel gekürzt werden oder nicht? Die EU-Kommission hat eingeräumt, dass der von den Staats- und Regierungschef getroffene Beschluss zu einem neuen Instrument gegen Rechtsstaatsverstöße Fragen aufwirft. In Wahrheit sei noch nicht klar, ob man einen neuen Vorschlag machen werde, erklärte ein ranghoher Beamter am Mittwoch in Brüssel. Man werde aber sehr bald eine Entscheidung treffen.
Das neue Instrument soll es ermöglichen, EU-Ländern Mittel zu kürzen, wenn sie zum Beispiel die Pressefreiheit oder die Unabhängigkeit der Justiz einschränken. Die Regierungen von Staaten wie Ungarn oder Polen wollen dies aber um jeden Preis verhindern. Sie fürchten, dass die Regelung vor allem gegen sie angewandt werden könnte.
Die am Dienstag beim EU-Gipfel nach tagelangen Verhandlungen getroffene Kompromissformel zum Thema ist sehr vage. In ihr heißt es, dass eine "Konditionalitätsregelung zum Schutz des Haushalts" eingeführt werde und dass die Kommission im Fall von Verstößen gegen die Achtung der Rechtsstaatlichkeit Maßnahmen vorschlagen werde. Diese könnten dann vom Ministerrat mit qualifizierter Mehrheit angenommen werden.
Fraglich ist aber nach dem Gipfel, ob die "Konditionalitätsregelung" ohne die Zustimmung von Polen und Ungarn eingeführt werden kann. Die beiden Staaten bestanden nämlich auf den Zusatz, dass sich ein EU-Gipfel noch mal mit dieser Angelegenheit "befassen" wird. Da im Europäischen Rat das Einstimmigkeitsprinzip herrscht, könnten sie die neue Regelung dort blockieren - zumindest nach ihrer Interpretation.
Weiterer Streit über das Thema sei programmiert, hieß es am Mittwoch in Brüssel. Andere Mitgliedstaaten und die EU-Kommission vertreten die Auffassung, dass die geplante Regelung bei einem Ministerrat mit qualifizierter Mehrheit beschlossen werden kann - ungeachtet der "Befassung" beim Gipfel.
In ersten Reaktionen hatten am Dienstag sowohl Befürworter als auch Gegner die Gipfeleinigung als Sieg für ihre Sache zu verkaufen versucht. "Jeder Versuch, der darauf abzielte, zwei wichtige Fragen - die der EU-Gelder und die der Rechtsstaatlichkeit - miteinander zu verbinden, wurde erfolgreich zurückgewiesen", sagte der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sagte hingegen, ihre Behörde bekomme nun die nötigen Instrumente, um die Rechtsstaatlichkeit effektiv schützen zu können.
Noch unter Jean-Claude Juncker hatte die EU-Kommission bereits 2018 einen Vorschlag gemacht, der allerdings im Ministerrat bis heute nicht weiterkam. "Verordnung über den Schutz des Haushalts der Union im Falle von generellen Mängeln in Bezug auf das Rechtsstaatsprinzip in den Mitgliedstaaten", lautet der etwas umständliche Titel.
Die Frage, wie es nun weitergehen soll, war am Mittwoch auch Thema bei Beratungen der EU-Botschafter in Brüssel. Nach Angaben von Diplomaten beabsichtigt die amtierende deutsche EU-Ratspräsidentschaft auf Basis des vorliegenden Kommissionsvorschlags weiterzuarbeiten. Sie solle aber im Lichte der Gipfelbeschlüsse angepasst werden, hieß es./aha/DP/fba
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