BERLIN (Dow Jones)--Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) unterstützt verpflichtende Corona-Tests für Reiserückkehrer. Eine "stärkere Verbindlichkeit" bei den Corona-Tests wäre sicher gut, sagte Braun im rbb-Inforadio. Die Ankündigung von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), die rechtlichen Fragen zu prüfen, begrüße der CDU-Politiker daher. "Weil wir eben in den letzten Tagen sehen, dass (...) das diffuse Infektionsgeschehen - hier Reiserückkehrer, da eine Feierlichkeit - deutlich zunimmt. Das macht uns natürlich Sorgen." Dieses kleinteilige Infektionsgeschehen sei sehr schlecht zu kontrollieren.
Darüber hinaus würden Tests auf freiwilliger Basis auch nur einen Teil der Menschen erreichen, warnte Braun. "Meistens sind es die fürsorglichen Menschen, die sich auch im Urlaub ohnehin sehr vorsichtig verhalten haben, die freiwillige Angebote wahrnehmen, während diejenigen, die eher sorglos sind, dann auch einen freiwilligen Test nicht wahrnehmen."
Auch die Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz, Berlins Senatorin Dilek Kalayci (SPD), hat sich mit Blick auf verpflichtende Tests zuversichtlich gezeigt. Beim Gespräch der Gesundheitsminister in der vergangenen Woche hätte die Mehrheit der Bundesländer zwar festgestellt, dass eine Einführung zwar "ein sehr starker Eingriff" in die körperliche Unversehrtheit" und "schwierig" sei und deswegen Spahn mit der Prüfung beauftragt. "Das macht er, und dann kann man das auch verpflichtend machen", so die SPD-Politikerin.
Kalayci verteidigte zudem die derzeit kostenlosen Tests für Reiserückkehrer an Flughäfen. Sie verstehe, dass dies eine "Gerechtigkeitsfrage" sei, wenn Menschen, die im Land blieben, keine kostenlosen Tests erhielten. Aber die Gesundheitsminister machten sich "gerade große Sorgen". Weltweit stiegen die Infektionszahlen. Es gehe darum, Einreisende und Deutschland zu schützen, so die Berliner Senatorin.
Die FDP unterstützt verpflichtende Corona-Tests. Diese dürften aber nicht von der Solidargemeinschaft bezahlt werden, sondern von den Fluggästen selbst, forderte der liberale Gesundheitspolitiker und Infektiologe Andrew Ullmann im Deutschlandfunk. "Wer sich eine Weltreise leisten kann, kann sich durchaus auch so einen Test leisten." Außerdem reiche ein Test allein von vornherein gar nicht aus. Bei einer Testung zum falschen Zeitpunkt könne auch ein falsch-negatives Ergebnis herauskommen, "und dann haben wir erst recht eine Infektionskette, weil sich jemand in falscher Sicherheit wägt", so der FDP-Abgeordnete.
Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach spricht sich indes für eine Finanzierung durch die Allgemeinheit aus. "Aus meiner Sicht ist das eine gemeinsame Aufgabe der gesamten Gesellschaft, das sollte der Steuerzahler bezahlen, vielleicht anteilig die Krankenkassen", sagte Lauterbach in einem Talk der Bild-Zeitung. Andernfalls fürchte er, dass einige Urlauber es aus "Egoismus und Unvernunft" nicht tun würden. Dann seien die Kosten für die Gesellschaft sehr viel höher. Eine mögliche Testpflicht hält Lauterbach zwar für "richtig", er glaube aber nicht, dass sie durchsetzbar sei. Sorgen mache ihm eher die Gruppe derer, die aus Nicht-Risikogebieten kämen. Denn wer aus Frankreich, Österreich oder Spanien komme, müsse aktuell nicht in Quarantäne - und stelle daher das größere Risiko dar.
Auch die CSU fordert eine Testpflicht. "Gerade wenn man aus Risikogebieten kommt, dann sollte es einen verpflichtenden Test geben", sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt der Bild. Auch die Auto-Reisewege und Bahnhöfe müssten dabei stärker in den Blick genommen werden. Zudem müsse man "eine dritte Unterscheidung finden zwischen den Risikogebieten und den Nicht-Risikogebieten", denn es gebe auch Corona-Gebiete mit "regionalen Ausprägungen", so Dobrindt.
Kontakt zur Autorin: petra.sorge@wsj.com
DJG/pso/mgo
(END) Dow Jones Newswires
July 27, 2020 03:29 ET (07:29 GMT)
Copyright (c) 2020 Dow Jones & Company, Inc.