BERLIN (Dow Jones)--DIW-Chef Marcel Fratzscher sieht nur geringe Chancen für eine schnelle Erholung der deutschen Wirtschaft. "Ich halte das Szenario, dass man eher sehr langsam aus dieser Krise rauskommt, für am wahrscheinlichsten - sprich, dass wir noch knapp zwei Jahre brauchen werden, um von der Wirtschaftsleistung wieder da zu sein, wo wir vor der Krise waren", erklärte der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) im Interview mit der Mediengruppe RTL.
Eine V-förmige Erholung, die die deutsche Wirtschaft sehr schnell auf das Vorkrisen-Niveau befördert, sei nicht sehr wahrscheinlich. Die Ungewissheit und Unsicherheit sei sehr groß. Man wisse nicht, ob eine zweite Welle kommt, ob der Welthandel wieder anziehen werde, was gerade für deutsche Unternehmen sehr wichtig sei. Denn Deutschland sei "sehr, sehr abhängig" von den Exporten, erklärte der Ökonom nach Angaben des Senders. Auch sei unklar, ob es zu Verwerfungen an den Finanzmärkten komme und ob es in Deutschland eine Welle von Unternehmensinsolvenzen geben könne.
"All das sind Risiken, die sind fast alle nach unten gerichtet und wenn eines dieser Risiken eintritt, dann ist man nicht bei einem V-Szenario, sondern bei einem W, dass es noch mal bergab geht", so Fratzscher.
Deutschland verzeichne zudem einen Anstieg der Arbeitslosigkeit. "Bereits jetzt haben über 600.000 Menschen ihren Job verloren, sie werden nicht so schnell wieder in neue Jobs kommen, das braucht Zeit", warnte Fratzscher. "Wir haben über sieben Millionen Menschen in Kurzarbeit, sie werden nicht alle ihren Job wieder zu 100 Prozent machen können."
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July 27, 2020 10:37 ET (14:37 GMT)
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