BERLIN (Dow Jones)--Bund und Länder erwägen für Rückkehrer aus Risikogebieten eine mögliche Eigenfinanzierung bei den verpflichtenden Corona-Tests. Es werde zwischen den Chefs der Staatskanzleien diskutiert, "inwiefern perspektivisch eine Beteiligung der Reisenden möglich ist", sagte der hessische Gesundheitsminister Kai Klose (Grüne) im Deutschlandfunk. Dies sei in den Beschluss der Gesundheitsminister von Bund und Länder vom Freitag ausdrücklich aufgenommen worden.
Zunächst sei vereinbart worden, dass der Bund beziehungsweise die Krankenkassen für die Laborkosten und die Länder für die Infrastrukturkosten aufkommen, so Klose. Das Ziel müsse sein, keine neuen Infektionsherde im Land zu haben. "Wir haben ein Interesse daran, dass diese Menschen getestet werden. Kostenfreiheit senkt nun einmal die Schwelle", so der Grünen-Minister.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte die verpflichtende Maßnahme am Montag nach einer rechtlichen Prüfung für Reisende aus Risikogebieten beschlossen. Die Corona-Tests sollen nächste Woche starten und kostenfrei sein. Klose begrüßte die Entscheidung: "Ich bin sehr froh, dass wir uns dem Thema bundeseinheitlich widmen." Allerdings werde man in einem Rechtsstaat erst nach möglichen Gerichtsurteilen wissen, ob die Regelung auch rechtssicher sei. Es gehe hier um einen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit. "Das ist auch etwas Erhebliches", so Klose.
Juristische Bedenken gebe es immer, sagte der Unionsfraktionsvorsitzende Ralph Brinkhaus (CDU) im ZDF-Morgenmagazin. "Aber es geht natürlich auch um Eigenverantwortung". Wer in ein Risikogebiet reise, müsse eigentlich auch ein Interesse an einem freiwilligen Test haben, um seine Mitbürger in Deutschland nicht zu gefährden. Dies sei besser, als wieder in einen generellen Lockdown hineinzugehen. Zugleich begegnete der CDU-Politiker Befürchtungen, dass die Tests bald knapp oder Labore überlastet werden könnten. "Testkapazitäten dürften in Deutschland kein Problem sein und auch kein Problem werden", so Brinkhaus. "Da müssen wir, wenn es notwendig wird, auch nachrüsten."
Der Infektiologe Gérard Krause vom Helmholtz-Zentrum Braunschweig wies indessen darauf hin, dass die Wahrscheinlichkeit einer Covid-19-Erkrankung von Menschen aus Risikogebieten geringer sei als die von Patienten mit Symptomen. "Wir müssen dafür sorgen, dass die Menschen, die Beschwerden haben, möglichst schnell einen Laborbefund bekommen und nicht wegen der groß angelegten Einreisetestung dann vielleicht warten müssen." Laut Robert-Koch-Institut gab es am Dienstag 633 mehr Corona-Neuinfektionen als am Vortag. Insgesamt lag die Anzahl der übermittelten Fälle bei 206.242.
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July 28, 2020 04:10 ET (08:10 GMT)
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