Von Andrea Thomas
BERLIN (Dow Jones)--Die von der Bundesregierung geplante kürzere Laufzeit bei Mobilfunkverträgen stößt bei Verbrauchern auf Zurückhaltung. Das ergab eine Umfrage des Digitalverbands Bitkom. Danach haben mehr als drei von vier Smartphone-Besitzern (77 Prozent) ihr aktuelles Smartphone im Paket mit einem Mobilfunkvertrag gekauft. Nur jeder Fünfte (19 Prozent) hat sein Smartphone unabhängig vom Mobilfunkvertag erstanden.
"Die üblichen Mobilfunkverträge mit 24 Monaten Laufzeit machen auch Top-Smartphones für viele Menschen erschwinglich", erklärte Bitkom-Präsident Achim Berg. Solche Verträge seien beliebt. Drei von vier Verbrauchern ab 16 Jahren (75 Prozent) sagen laut Bitkom-Umfrage, ihnen sei es wichtig, den Preis für ein Smartphone in Raten über den Mobilfunkvertrag abzahlen zu können. Für mehr als jeden Zweiten ist dieses Vertragsmodell sogar notwendig, um überhaupt ein Smartphone erwerben zu können: 56 Prozent geben an, dass sie es sich nicht leisten können, den vollen Preis für ein Smartphone auf einmal zu bezahlen. Und praktisch allen (93 Prozent) ist es wichtig, selbst über die Laufzeit von Mobilfunkverträgen entscheiden zu können, so die Umfrage.
Das Bundesjustizministerium plant eine Laufzeitbegrenzung von Verbraucherverträgen wie etwa bei Mobilfunk- oder Fitnessverträgen auf höchstens 12 Monate. Aktuell verlängert sich eine Laufzeit von zwei Jahren automatisch um jeweils ein weiteres Jahr, wenn nicht rechtzeitig gekündigt wird. Eine automatische Verlängerung soll nun allerdings nur noch um jeweils drei Monate möglich sein. Damit will die Bundesregierung es den Verbrauchern ermöglichen, sich schneller von den Verträgen zu lösen, die für sie nicht mehr vorteilhaft sind oder die sie nicht mehr benötigen. Bislang ist laut Justizministerium noch kein Termin für die Beratung im Kabinett vereinbart worden. Das Bundeswirtschaftsministerium hat wiederholt Bedenken gegen die Pläne geäußert, da Zwei-Jahres-Verträge durchaus auch Vorteile bieten könnten.
Auch der Branchenverband Bitkom warnt, dass die Laufzeitverkürzung für Verbraucher in erster Linie Nachteile bieten.
"Eine Begrenzung der Vertragslaufzeiten auf zwölf Monate würde die Monatsraten der meisten Verbraucher schlicht verdoppeln", so Berg. Viele Menschen würden sich keine aktuellen Smartphones mehr leisten können. Gleichzeitig werden Verbraucher durch die halbierten Vertragslaufzeiten motiviert, ihr Gerät in noch kürzeren Zyklen auszutauschen, als dies ohnehin der Fall ist. Bereits heute bieten Mobilfunkunternehmen eine Vielzahl an Vertragsmodellen an, darunter auch Verträge mit Laufzeiten von nur zwölf Monaten, monatlich kündbare Verträge bis hin zu Prepaid-Modellen ohne jegliche Vertragslaufzeit.
"Die Gesetzesänderung schafft unterm Strich nur Verlierer. Vielen Verbrauchern werden einerseits die gewohnten Smartphone-Konditionen genommen. Andererseits verlieren Netzbetreiber Investitions- und Planungssicherheit, was den weiteren Mobilfunkausbau unnötig erschwert", warnte Berg.
Für die Umfrage wurden von Bitkom im April 1.003 Personen in Deutschland ab 16 Jahren telefonisch befragt.
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July 28, 2020 04:33 ET (08:33 GMT)
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