Von Andrea Thomas
BERLIN (Dow Jones)--Bundesfinanzminister Olaf Scholz hat vor der Sitzung des Finanzausschusses seine Bereitschaft zur Aufklärung über den Wirecard-Skandal zugesagt. Im ZDF-Morgenmagazin sagte der SPD-Politiker, dass es bei diesem Problem nur eine einzige richtige Vorgehensweise gebe: "Voran, nichts verbergen, aktiv an der Spitze der Aufklärung stehen und dafür zu sorgen, dass alle Sachen geklärt werden und natürlich gesetzgeberische Reformen voranzutreiben", sagte Scholz am Mittwoch dem Fernsehsender.
Vor der Sitzung des Finanzausschusses im Deutschen Bundestag verwies Scholz zudem auf seinen 16 Maßnahmen umfassenden Plan, mit dem er mögliche Defizite in der Finanzaufsicht, die zu dem mutmaßlichen Bilanzbetrug geführt haben könnten, beheben will.
"Ich glaube, das Wichtigste ist immer, dass man mit gradem Rücken voranschreitet und alles dazu beiträgt, dass die Dinge gut gelöst werden in unserem Land", so Scholz.
Rolle von EY bei Bilanz-Skandal ansehen
Er betonte zudem, dass immer Hinweise zu möglichen Bilanzbetrügereien des Zahlungsdienstleisters aufgegriffen worden seien, soweit sein Haus das jetzt nachvollgezogen habe. Die Hinweise seien "immer weitergegeben" worden und es habe auch eine Prüfung der Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung gegeben, wo diese Hinweise berücksichtigt worden seien.
Wichtig sei aber auch, dass man herausfinden müsse, warum die "ziemlich große, sehr effiziente" Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY zehn Jahre geprüft und "nichts rauskriegt" habe.
"Das müssen wir verstehen, warum das so ist. Aus meiner Sicht ist eine der ganz, ganz notwendigen Konsequenzen, dass wenn wir solche Sonderprüfungen bei der Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung beauftragen, das nicht quasi unser letztes Mittel ist, sondern dass wir mit mehr hoheitlichen, mit mehr strengen Maßnahmen auch konkrete Aufklärung betreiben können", so Scholz.
Im Juni hatte Wirecard Luftbuchungen von 1,9 Milliarden Euro zugegeben.
Scholz will mit Aktionsplan Defizite beheben
Das Finanzministerium hat einen 16 Maßnahmen umfassenden Aktionsplan erarbeitet, in den Dow Jones Newswires vergangenen Freitag Einblick hatte. Danach soll die Finanzaufsicht Bafin hoheitliche Befugnisse gegenüber Kapitalmarktunternehmen erhalten. Gedacht ist außerdem an ein Sonderprüfungsrecht gegenüber allen kapitalmarktorientierten Unternehmen einschließlich Auskunftsrechte gegen Dritte, an die Möglichkeit forensischer Prüfungen sowie an das Recht, die Öffentlichkeit früher als bisher über ihr Vorgehen bei der Bilanzkontrolle zu informieren.
Außerdem soll es kein zweistufiges System der Bilanzprüfung mehr geben und Bilanzprüfer alle zehn Jahre ausgetauscht werden.
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July 29, 2020 03:16 ET (07:16 GMT)
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