BERLIN (Dow Jones)--Die FDP im Bundestag drängt auf eine Entscheidung über einen möglichen Untersuchungsausschusses im Wirecard-Skandal noch im kommenden Monat. Die drei Oppositionsfraktionen FDP, Linke und Grüne müssten sich "im August auf das Ob verständigen", sagte der FDP-Finanzpolitiker Florian Toncar bei einem Telefongespräch mit Journalisten vor der heutigen Sondersitzung des Finanzausschusses im Bundestag. Denn bereits in der ersten Sitzungswoche im September müsse ein ausformulierter Antrag im Bundestag eingereicht werden. "Das kriegt man nicht in ein bis zwei Tagen hin."
Sollte der Untersuchungsausschuss im September eingesetzt werden, wäre bei "gutem Fortschritt" eine erste Beweisaufnahme ab November möglich, sagte Toncar. "Für mich spräche nichts dagegen, die Sitzungszeit im gesamten Jahr 2021 zu nutzen", so der finanzpolitische Fraktionssprecher mit Blick auf das Wahljahr. "Deshalb sollten wir noch im August einen Auftrag formulieren."
Toncar zeigte sich auf Nachfrage skeptisch, dass ein Untersuchungsausschuss noch abgewendet werden könne. Wenn man weiterhin den konventionellen Weg über den Fachausschuss und über schriftliche Fragen an die Regierung gehen wolle, müsse der Eindruck hängen bleiben, "dass offen und kooperativ geantwortet wird". Er sehe jedoch "einen Widerspruch, wenn bereits die Vorfestlegung ist, bei uns ist nichts passiert", ergänzte er mit Blick auf Aussagen von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD), der heute in der Sitzung geladen ist.
Der Liberale warf Scholz eine "Ablenkungsdebatte" und eine "absolute Verteidigungsstrategie" vor. Der Minister rede mehr über die Verantwortung der Wirtschaftsprüfer als derjenigen, die ihm direkt unterstellt seien. So sei der Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) sehr schnell gekündigt worden, obwohl etwa die Bafin deutlich mehr Befugnisse habe als Wirtschaftsprüfer, bis hin zu forensischen Ermittlungsmethoden.
Auf Wunsch der SPD war daher auch Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) in die heutige Sitzung geladen worden. Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Carsten Schneider, erklärte, Scholz habe sich "an die Spitze der Aufklärung gestellt". Nun müsse sich auch Altmaier seiner Verantwortung stellen. "Über Jahre hinweg haben renommierte Wirtschaftsprüfer eklatant versagt. Daraus gilt es politische Schlüsse zu ziehen", so Schneider. Die SPD-Fraktion erwarte hier eine schnelle Einigung mit dem Koalitionspartner, ergänzte der Parlamentsgeschäftsführer.
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July 29, 2020 08:08 ET (12:08 GMT)
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