BERLIN (Dow Jones)--Nach dem angekündigten Teilabzug von etwa 12.000 US-Soldaten aus Deutschland plädiert SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich für Konsequenzen von deutscher Seite. Präsident Donald Trump betreibe eine Politik aus "Willkür und Druck", dies könne "nicht die Grundlage für eine partnerschaftliche Zusammenarbeit" sein, sagte Mützenich der Süddeutschen Zeitung. "Vor diesem Hintergrund werden auch die Rüstungskooperationen in einem neuen Licht bewertet werden müssen."
Von der Bundesregierung wurde die Ankündigung des Truppenabzugs bislang lediglich "zur Kenntnis" genommen. Kanzlerin Angela Merkel, Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (beide CDU) und Außenminister Heiko Maas (SPD) sind derzeit im Urlaub.
Aktuell geht es vor allem um zwei Beschaffungsvorhaben, bei denen die US-Industrie jeweils im Umfang von mehreren Milliarden Euro zum Zuge kommen soll. Kramp-Karrenbauer will die in die Jahre gekommene Tornado-Kampfjetflotte etwa zur Hälfte durch 45 F-18-Flugzeuge des US-Herstellers Boeing ersetzen. Das Vorhaben ist auch deshalb in der SPD höchst umstritten, weil ein Teil dieser Jets technisch dazu in die Lage versetzt werden soll, im Kriegsfall in Deutschland stationierte US-Atombomben ins Ziel zu tragen. Bislang kommt Deutschland dieser Verpflichtung aus dem Konzept der sogenannten Nuklearen Teilhabe mit den Tornados nach. Derzeit laufen Vorgespräche mit den USA. Das Geschäft könnte ein Volumen von mindestens etwa 8 Milliarden Euro haben, wie jüngst eine Kostenschätzung von Greenpeace ergab. Beschlussreif dürfte dies allerdings frühestens 2022 werden.
Deutlich weiter fortgeschritten ist die Beschaffung neuer, schwerer Transporthubschrauber als Ersatz für die ebenfalls ans Ende ihrer Lebenszeit angekommenen CH-53-Transporthubschrauber der Bundeswehr. Zwei US-Hersteller bewerben sich derzeit jeweils mit deutschen Partnerunternehmen um diesen Großauftrag, für den das Parlament 5,6 Milliarden Euro eingeplant hat. Die Entscheidung über den Kauf soll 2021 fallen.
Mützenich jedoch sieht kaum noch eine Basis für eine solche Zusammenarbeit mit Washington. Trump hatte den im Grundsatz bereits im Juni angekündigten Teilabzug der US-Truppen mit aus seiner Sicht zu geringen Verteidigungsausgaben Deutschlands begründet. Mützenich erklärte nun: "Der Truppenabzug und dessen Begründung sind ein weiterer Beleg für die Irritationen und die zunehmende Entfremdung zwischen den USA und Deutschland. Während der Präsident das Ganze im Verständnis eines Schuldeneintreibers kommentiert, schiebt der Verteidigungsminister strategische Erwägungen hinterher." Mützenich folgert daraus: "Egal, was man gelten lassen will: Willkür und Druck können nicht die Grundlage für eine partnerschaftliche Zusammenarbeit bilden."
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July 30, 2020 11:26 ET (15:26 GMT)
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