BERLIN (Dow Jones)--Der Bundesrechnungshof kritisiert die Bundesregierung dafür, das wohl größte Einfallstor für Steuerhinterziehung in der deutschen Geschichte nicht ganz geschlossen zu haben. Sogenannte Cum/Fake-Geschäfte beinhalteten "erhebliches Missbrauchspotenzial", heißt es in einem Bericht an den Haushaltsausschuss des Bundestags, über den der Spiegel berichtet und in den Dow Jones Newswires Einblick hatte. Bei Cum/Fake-Geschäften geht es um eine Spielart jener Cum-Ex-Geschäfte, über die Investoren und Banken Dividendensteuer-Erstattungen in zweistelliger Milliarden-Euro-Höhe erschlichen haben.
2012 glaubte die Bundesregierung, durch eine Gesetzesänderung die Abzocke unterbunden zu haben. Über Cum/Fake-Geschäfte ist der Schwindel aber weiterhin möglich. Der Trick funktioniert über American Depositary Receipts (ADR) - Papiere, die Banken Anlegern in den USA als Ersatz für deutsche Aktien aushändigen. Eigentlich müssen diese Banken für jedes ADR-Papier eine Aktie kaufen und hinterlegen. In der Vergangenheit unterließen sie dies oft, stellten Anlegern aber dennoch Bescheinigungen aus, mit denen diese sich Dividendensteuern vom deutschen Fiskus erstatten ließen.
Es sei "unerlässlich, dieses Modell zu unterbinden", schreibt der Bundesrechnungshof. Die bisherigen gesetzgeberischen Maßnahmen liefen ins Leere. Es sei "nicht akzeptabel", dass unberechtigte - meist institutionelle - Anleger rechtswidrig davon profitierten, dass etwa Kleinanleger aus Unkenntnis oder wegen des Verwaltungsaufwandes darauf verzichten, ihren Erstattungsanspruch beim Fiskus geltend zu machen.
Scharfe Kritik an der Praxis kam von den Grünen. "Der Bericht des Rechnungshofes macht noch einmal die Versäumnisse der Bundesregierung bei der Eindämmung des Cum-Ex-Steuerraubs deutlich", sagte die finanzpolitische Fraktionssprecherin Lisa Paus dem Spiegel.
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July 31, 2020 10:16 ET (14:16 GMT)
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