BERLIN (Dow Jones)--Infolge der Corona-Krise gibt es in Deutschland fast eine halbe Million weniger freie Jobs. Im zweiten Quartal sank die Zahl der offenen Stellen bundesweit um 496.000 auf 893.000, wie das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) mitteilte. Das entspricht einem Rückgang von 35,7 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Gegenüber dem ersten Quartal 2020 ging die Zahl der offenen Stellen um 191.000 oder 17,6 Prozent zurück.
Für die Untersuchung berücksichtigt das IAB Antworten von rund 8.500 Arbeitgebern aller Wirtschaftsbereiche. Demnach war der Einbruch im verarbeitenden Gewerbe mit 56 Prozent auf 66.000 am stärksten. Bei den unternehmensnahen Dienstleistungen wie der Leiharbeit gingen die offenen Stellen von 367.000 auf 209.000 zurück, bei den sonstigen Dienstleistungen wie dem Gastgewerbe von ebenfalls 367.000 auf 261.000.
"Viele Betriebe versuchen in der aktuellen Krise durch den Einsatz von Kurzarbeit ihre Fachkräfte zu halten", erklärt IAB-Arbeitsmarktforscher Alexander Kubis. Ab dem Zeitpunkt der Anzeige gilt jedoch für die betroffenen Organisationen bis zum Ende der Kurzarbeitergeldphase ein Einstellungsstopp. "Auch hierdurch kommt es zu einem starken Rückgang an offenen Stellen", so Kubis.
Durch den Anstieg der Arbeitslosigkeit und den Rückgang der offenen Stellen liegt die Arbeitslosen-Stellen-Relation im Bundesdurchschnitt derzeit bei 3,1: Auf 310 Arbeitslose kommen also 100 offene Stellen. Im entsprechenden Vorjahresquartal lag diese Relation noch bei 1,6.
Der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) sprach von einem "Alarmsignal" und forderte nun mehr Flexibilität auf dem Arbeitsmarkt. "Die Bundesregierung muss darauf reagieren, indem sie alles tut, um Neueinstellungen zu erleichtern", erklärte VMDA-Arbeitsexperte Fabian Seus. "Im Augenblick passiert aber eher das Gegenteil, wie die Eingriffe bei Werkverträgen und Zeitarbeit zeigen." Zudem plane die Koalition, noch in dieser Legislaturperiode den rechtlichen Rahmen für befristete Arbeitsverhältnisse zu beschneiden. Stattdessen sollte die Höchstdauer für sachgrundlose Befristung von zwei auf drei Jahre ausgeweitet und das Vorbeschäftigungsverbot aufgehoben werden. "Ebenfalls sollte die Überlassungshöchstdauer von 18 Monaten in der Zeitarbeit ausgesetzt werden", erklärte Seus.
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August 04, 2020 08:06 ET (12:06 GMT)
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