DJ Opposition setzt Scholz wegen Cum/Ex-Geschäften von Warburg unter Druck
Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones)--Die Opposition fordert von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) wegen seiner Rolle in der Affäre um Cum/Ex-Geschäfte der Hamburger Privatbank MM Warburg eine umgehende Aufklärung. "Seit gestern steht der Verdacht im Raum, dass Olaf Scholz den Bundestag belogen hat", sagte die finanzpolitische Sprecherin der Grünen, Lisa Paus. "Denn nach Medienrecherchen er hat sich öfter mit dem Warburg-Bank-Chef Olearius getroffen, als er uns im Finanzausschuss gesagt hat."
Kurz nach einem dieser Treffen habe die Hamburger Finanzbehörde darauf verzichtet, an die Warburg-Bank ausgezahlte Cum/Ex-Gelder zurückzufordern. Damit stehe zusätzlich der Verdacht im Raum, Scholz habe "eine Hamburger Privatbank zu Lasten von Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern geschont", meinte Paus und betonte: "Wir verlangen, dass Scholz nächste Woche zum dritten Mal in den Finanzausschuss kommt und diesmal endlich die komplette Wahrheit sagt."
Der finanzpolitische Sprecher der FDP, Florian Toncar, kündigte an, Scholz im Bundestag ins Kreuzverhör nehmen zu wollen. Die in den Berichten aufgedeckten, neuen Erkenntnisse zu Cum/Ex und Warburg "lassen an Integrität und Glaubwürdigkeit von Olaf Scholz zweifeln", erklärte er über den Kurznachrichtendienst Twitter. "Er hat sich in zwei Befragungen maximal zugeknöpft präsentiert und viele Fragen nur minimalistisch oder mit Allgemeinplätzen beantwortet", sagte der FDP-Finanzexperte der Funke-Mediengruppe. Die FDP werde am kommenden Mittwoch im Finanzausschuss Auskunft von Scholz und anschließend bei einer Regierungsbefragung im Parlament stellen.
Mehr Treffen als bisher bekannt
Scholz war am Vortag durch Berichte über Tagebucheinträge des Miteigentümers der Hamburger Privatbank, Christian Olearius, belastet worden. Der SPD-Politiker habe sich in seiner Zeit als Hamburger Bürgermeister öfter mit Olearius getroffen als bislang eingeräumt, berichteten die Süddeutsche Zeitung (SZ) sowie der NDR und die Wochenzeitung Die Zeit. Die Treffen fanden den Angaben zufolge vor dem Hintergrund einer Steuerforderung der Stadt von 47 Millionen Euro im Zusammenhang mit Cum/Ex-Geschäften statt.
Laut den Berichten gab es 2016 und 2017 zwischen Scholz und Olearius drei Treffen und ein Telefonat. Bislang hatte Scholz demnach lediglich einen Besuch des Bankchefs im Jahr 2017 eingeräumt - auch bei einer Anhörung im Bundestags-Finanzausschuss. Die Behörden hatten schließlich entschieden, auf die Rückforderung zu verzichten. Auf Anfrage der Medien räumte Scholz laut den Berichten die drei Treffen mit Olearius ein. In den Tagebüchern von Olearius findet sich laut NDR und Zeit aber kein Hinweis darauf, dass Scholz tatsächlich Einfluss auf das Steuerverfahren genommen haben könnte.
Ein Sprecher von Scholz erklärte, der Bundesfinanzminister habe "dem Finanzausschuss bereits im März und im Juli zu den Vorgängen berichtet, die mehrere Jahre zurückliegen", und er habe auch öffentlich dazu Stellung genommen. "Hierzu gibt es keine Neuigkeiten", sagte Finanzministeriumssprecher Dennis Kolberg bei einer Pressekonferenz in Berlin zu den neuen Vorwürfen. Scholz habe dargelegt, dass er sich in seiner vorhergehenden Funktion als Erster Bürgermeister Hamburgs aus konkreten Steuerverfahren immer herausgehalten habe. "Außerdem hat der Minister ausgeführt, dass er wie für einen Bürgermeister üblich regelmäßig mit Hamburger Unternehmensvertretern gesprochen hat."
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September 04, 2020 07:03 ET (11:03 GMT)
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