VILNIUS (dpa-AFX) - Im Machtkampf in Belarus (Weißrussland) hat ein Mitglied des Koordinierungsrats der Demokratiebewegung direkte Gespräche mit Russland angeboten. "Ich bin bereit, nach Moskau zu gehen, um mich mit russischen Politikern zu treffen, um sie mit Informationen zu versorgen", sagte Pawel Latuschko am Freitag bei einem Besuch in Litauen. Demnach habe der Koordinierungsrat gehofft, dass Moskau eine neutrale Position einnehmen und die Meinung der belarussischen Öffentlichkeit anhören werde. Doch sei dies bisher nicht geschehen. "Russland unterhält nur Kontakt zu den derzeitigen Behörden", sagte Latuschko der Agentur BNS zufolge in Vilnius.
Der Besuch in Litauen und seine Reise zuvor nach Polen zielten nach Angaben von Latuschko darauf ab, Informationen aus erster Hand über die Entwicklungen in Belarus zu liefern. Die beiden Nachbarländer oder die EU könnten als Vermittler agieren, sollte die belarussische Zivilgesellschaft und die autoritär regierende Staatsführung von Alexander Lukaschenko einen Dialog aufnehme, sagte das Ratsmitglied.
Latuschko betonte zugleich, dass die politische Krise in Belarus in erster Linie eine interne Angelegenheit des Landes sei. "Ihre Lösung hängt von der belarussischen Gesellschaft und der gegenwärtigen Regierung ab", sagte der Ex-Diplomat und frühere Kulturminister der Ex-Sowjetrepublik, der von Lukaschenko zuletzt offen bedroht wurde. "Wir bemühen uns nach Kräften, die Behörden davon zu überzeugen, sich an den Verhandlungstisch zu setzen". Der Koordinierungsrat will einen friedlichen Machttransfer erreichen.
In Belarus kommt es es seit der umstrittenen Präsidentenwahl Anfang August zu Massenprotesten gegen den autoritär regierenden Staatschef Alexander Lukaschenko. Der 66-Jährige hatte sich nach 26 Jahren an der Macht mit gut 80 Prozent der Stimmen zum sechsten Mal in Folge zum Sieger erklären lassen. Die Opposition beansprucht dagegen den Wahlsieg für Lukaschenkos Herausforderin Swetlana Tichanowskaja./awe/DP/nas