DJ IW: Geplantes Umwandlungsverbot wird Zugang zu Wohneigentum erschweren
Von Andrea Thomas
BERLIN (Dow Jones)--Das Institut der deutschen Wirtschaft hat am Dienstag in einer von der FDP beauftragten Studie vor dem geplanten Umwandlungsverbot für den deutschen Wohnungsmarkt gewarnt. Damit werde der deutsche Wohnungsmarkt nicht entlastet und der Erwerb von selbstgenutzten Immobilien noch erschwert.
Das Bundesinnenministerium von Horst Seehofer (CSU) hatte jüngst einen Gesetzesentwurf vorgelegt, der das Umwandeln von Miet- in Eigentumswohnungen verbieten soll. Damit will das Ministerium bezahlbaren Wohnraum erhalten. So sollen Behörden die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen genehmigen müssen, ähnlich wie es bereits aktuell in sogenannten Milieuschutzgebieten in Großstädten der Fall ist.
"So wird der Zugang zu Wohneigentum für Selbstnutzer als auch Kapitalanleger deutlich erschwert", erklärte Michael Voigtländer vom Institut der deutschen Wirtschaft. "Das ist ein ganz großes Problem, dass tatsächlich auf diese Art und Weise die Wohneigentumsquote weiter stagnieren wird oder sogar rückläufig sein wird. Denn das Wohneigentum, das zeigen auch viele andere Studien von uns, bietet ganz große Chancen."
Zehntausende kaufen jährlich Eigentumswohnungen
Rund 17.000 bis 18.000 Mietwohnungen würden nach IW-Schätzung in deutschen Großstädten jährlich in Eigentum umgewandelt und erstmalig verkauft, erklärte er bei der Vorstellung des Gutachtens in Berlin. Insgesamt würden in Deutschland etwa 65.000 Haushalte pro Jahr eine Eigentumswohnung zur Selbstnutzung kaufen. "Für die wird der Markt deutlich enger, deutlich schwieriger zugängig, weil natürlich entsprechend weniger Wohnungen auf dem Markt zur Verfügung stehen", so Voigtländer.
Auch schade man damit den Mietern, weil der Markt für Vermieter weniger diversifiziert sein werde. Aktuell ziehe sich die Gruppe der Vermieter durch alle gesellschaftlichen Schichten und private Vermieter optierten meist für eine moderate Miethöhe. Mit dem Umwandlungsverbot würden aber Unternehmen einen Marktvorteil bekommen, weil diese die Immobilien weiter auf dem Markt erwerben könnten. Durch die Limitierung des Marktes bestünde daher weniger Konkurrenz für die Unternehmen.
Statt weiter Chancen im Wohnungsmarkt zu nehmen, sollten die Städte den Mietern besser helfen, von ihrem jetzt schon vorhandenen Vorkaufsrecht Gebrauch zu machen, forderte das IW. Hierzu könnten die Städte beispielsweise Nachrangdarlehen gewähren, die die Mieter als Eigenkapitalersatz nutzen können. Im Fall von Modernisierungen könnten Härtefallregelungen besser geeignet sein als pauschale Umwandlungsverbote, so das IW.
FDP: Gesetz erschwert Weg in die eigenen vier Wände
Für Frank Sitta, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der FDP, hat der Gesetzentwurf der Regierung das Potential, "Zehntausenden Menschen den Weg in die eigenen vier Wände für lange Zeit unmöglich zu machen".
"Dieser Vorstoß wird die Eigentums- und Vermögensbildung erschweren und erhebliche Auswirkungen auf den gesamten Wohnungsmarkt haben", sagte Sitta.
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September 08, 2020 08:04 ET (12:04 GMT)
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