DJ Seehofer nennt EU-Migrationspolitik "armselig"
Von Andrea Thomas
BERLIN (Dow Jones)--Bundesinnenminister Horst Seehofer hat seine europäischen Kollegen scharf wegen deren Migrationspolitik angegriffen und finanzielle Strafen bei fehlender Solidarität gefordert. Zuvor war Deutschland mit seinen Bemühungen gescheitert, andere europäische Länder nach dem Brand eines Flüchtlingslagers zur Aufnahme von zusätzlichen Flüchtlingen aus Griechenland zu gewinnen.
"Ich bin bis zur Stunde der einzige Innenminister Europas, der für die humane Antwort einen Lösungsvorschlag vorgelegt hat...ein Lösungsvorschlag, der uns nicht überfordert", sagte Seehofer am Mittwoch im Deutschen Bundestag. "Was die Europäische Union da bisher abgelegt hat, ist für die Europäische Union absolut armselig."
Klar sei für ihn auch, dass nicht jedes EU-Land beliebig handeln könne. "Wer nicht solidarisch ist, muss das auch finanziell spüren. Es geht nicht, dass man in den Topf Europas greift, aber die Solidarität nicht bringt", monierte Seehofer.
Brauchen europäische Lösung für humanes Asylverfahren
Am Dienstag hatte sich die große Koalition nach dem Brand des Flüchtlingslagers Moria auf Lesbos auf die Aufnahme von zusätzlich 1.553 Flüchtlingen aus Griechenland verständigt. Damit werden 408 Familien aufgenommen, die bereits als Schutzberechtigte anerkannt wurden. Ebenso wird Deutschland bis zu 150 unbegleitete minderjährige Asylsuchende aufnehmen. Es sei entscheidend, dass die Europäische Kommission nun nächste Woche ihren Vorschlag für einen neuen Migrationspakt mit einem gemeinsamen europäischen Vorgehen vorlegt.
"Ohne eine europäische Lösung können Sie ein humanes und geordnetes Asylverfahren in Europa nicht erwarten. Dann handelt wieder jeder alleine. Und wohin das führt, haben wir ja gerade erlebt", so Seehofer. In dem Zusammenhang appellierte er auch an Österreich, sich an so einem Pakt zu beteiligen. Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz hatte am Dienstag gesagt, sein Land werde dem deutschen Weg hier nicht folgen.
Dieses Jahr weniger als 100.000 Asylbewerber
Deutschland könne angesichts der aktuellen Asylbewerberzahlen die nun vereinbarte zusätzliche Aufnahme von Flüchtlingen aus Griechenland gut verkraften. Deutschland werde "mit hoher Wahrscheinlichkeit" in diesem Jahr die Grenze von 100.000 Asylbewerbern nicht überschreiten. "Wir können auch dort humanitäre Aktionen setzen, weil wir durch die Steuerung und Begrenzung eine größere Zuwanderung begrenzt haben", so Seehofer.
Auf Kritik aus der AfD, dass Deutschland Brandstifter des Flüchtlingslagers Moria aufnehme, erwiderte Seehofer, dass er keine Vereinbarung mit Brandstiftern, sondern mit der griechischen Regierung getroffen habe.
Auf der griechischen Insel Lesbos war zuvor das Flüchtlingslager Moria abgebrannt und hat damit rund 12.000 Migranten und Flüchtlinge obdachlos gemacht.
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September 16, 2020 08:20 ET (12:20 GMT)
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