DJ PRESSESPIEGEL/Zinsen, Konjunktur, Kapitalmärkte, Branchen
Die wirtschaftsrelevanten Themen aus den Medien, zusammengestellt von Dow Jones Newswires.
HAUSHALTSDEFIZIT - Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) verabschiedet sich dauerhaft von der "schwarzen Null". Seine neue Haushaltsplanung bis 2024 sieht für jedes Jahr die Aufnahme neuer Schulden vor. Im kommenden Jahr wird nach Handelsblatt-Informationen die Neuverschuldung sogar historisch hoch ausfallen. Scholz plant wegen der Corona-Krise mit neuen Verbindlichkeiten in Höhe von über 90 Milliarden Euro. Das ist nach dem laufenden Jahr 2020 die zweithöchste Verschuldung in der Geschichte der Bundesrepublik. Große Mühe hat Scholz zudem, ab 2022 die Schuldenbremse wieder wie geplant einzuhalten. Diese Obergrenze lässt dem Bund in jenem Jahr nur einen Spielraum für eine Neuverschuldung von gut 10 Milliarden Euro. Im Bundeshaushalt klafft wegen der wegbrechenden Steuereinnahmen und höherer Ausgaben allerdings eine Lücke von bis zu 40 Milliarden Euro jährlich. (Handelsblatt)
VERDI - Aus Sicht der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi) sind Streiks in Kliniken und Kindertagesstätten in diesem Herbst trotz Corona-Krise möglich. "Vertretbar sind Streiks grundsätzlich in allen Bereichen, denn wir müssen die Interessen aller Beschäftigten durchsetzen", sagte Gewerkschaftschef Frank Werneke der Süddeutschen Zeitung. "Deshalb werde ich jetzt nichts ausschließen." Verdi und weitere Gewerkschaften verhandeln seit dem 1. September über einen neuen Tarifabschluss für die Angestellten des öffentlichen Dienstes bei Bund und Kommunen. Es geht um etwa 2,5 Millionen Arbeitnehmer, darunter etwa Krankenpfleger, Müllwerker, Erzieher, Busfahrer und Verwaltungsangestellte. "Falls wir zu Arbeitskampfmaßnahmen aufrufen müssen, werden wir das so verantwortungsvoll tun, wie es in dieser Zeit notwendig ist", sagte Werneke weiter. (SZ)
CORONA - Stephan Sturm, Chef des Medizintechnik- und Gesundheitstechnologiekonzerns Fresenius, appelliert an die Politik, bei steigenden Infektionszahlen die Maßnahmen aus dem Frühjahr nicht blind zu wiederholen: "Wir haben uns in Deutschland nur darauf konzentriert, die Zahl der Corona-Toten zu minimieren", sagte er im Gespräch mit dem Handelsblatt. Dieser einseitige Blick habe nicht nur die Klinikbranche, sondern die ganze Gesellschaft stark belastet. Der CEO plädiert dafür, bei steigenden Infektionszahlen den Schutz der Hochrisikogruppen auszubauen, ohne gleich das komplette öffentlich Leben herunterzufahren. (Handelsblatt)
HASSKRIMINALITÄT - Das Bundespräsidialamt hegt verfassungsrechtliche Bedenken gegen das neue Gesetz zu Hate Speech und führt deswegen Gespräche mit Innen- und Justizministerium sowie dem Kanzleramt. Das Gesetz soll Ermittlern des Bundeskriminalamts (BKA) mehr Zugriff auf Daten von Facebook- oder Twitter-Nutzern erlauben. Allerdings tritt ein vom Parlament verabschiedetes Gesetz erst mit der Unterschrift des Bundespräsidenten in Kraft; Frank-Walter Steinmeier (SPD) hat Zweifel. Seine Emissäre sind nach Informationen von SZ, NDR und WDR in diskreten Gesprächen mit der Bundesregierung. Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages hält das Gesetz für teilweise verfassungswidrig. Das Bundesverfassungsgericht hatte Zugriffsrechte des BKA kürzlich für verfassungswidrig erklärt. (SZ)
POLIZEI - Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat sich bestürzt über rechtsextremistische Aktivitäten in der nordrhein-westfälischen Polizei gezeigt. Eine Studie zu rassistischen Vorurteilen bei der Polizei lehnt er trotzdem weiter ab. "Dieser Vorgang bei der Polizei in Nordrhein-Westfalen tut weh", sagte Seehofer der Süddeutschen Zeitung. NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) greife zu Recht rigoros durch. "Ich bin überzeugt, dass die überwältigende Mehrheit unserer Polizistinnen und Polizisten solche Machenschaften ablehnen und zweifelsfrei zu unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung stehen", so der Minister. Der Verfassungsschutz werde "zu diesem Themenkomplex Ende September einen Bericht vorlegen". Der Lagebericht zu Rechtsextremismus im öffentlichen Dienst wurde allerdings schon vor Monaten geordert. Er hat nichts mit den aktuellen Ermittlungen zu tun. (SZ)
WIRTSCHAFTSERHOLUNG - Überall in der Euro-Zone hat mit den Lockerungen der Lockdowns im Mai die Wirtschaftserholung eingesetzt. Der Aufschwung fiel nach Analyse des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW) unerwartet kräftig aus. Aber: Wie die meisten Ökonomen erwarten auch die Kieler, dass der "Rückpralleffekt" nach der tiefen Rezession bereits vorbei ist und sich der Aufschwung verlangsamt. Insgesamt ist in Deutschland aber die Erholung so kräftig, dass das Institut für 2020 "nur" noch mit einem BIP-Verlust von 5,5 Prozent rechnet. Das Handelsblatt Research Institute ist pessimistischer: Es erwartet 2020 einen Rückgang der Wirtschaftsleistung um 6,6 Prozent. (Handelsblatt)
EINLAGENSICHERUNG - Die von der Bundesregierung angestrebte Novelle der gesetzlichen Entschädigungseinrichtungen für Einlagen bei Kreditinstituten stößt auf Widerstand im Bundestag. Der Berichterstatter der CDU/CSU-Fraktion Sepp Müller befürchtet, dies könne der Dammbruch auf dem Weg zur europäischen Einlagensicherung Edis sein und das Ende der Institutssicherung bei Sparkassen und Genossenschaftsbanken. Die Bundesregierung will eine gesetzliche Grundlage schaffen, um der Entschädigungseinrichtung des Bundesverbands Öffentlicher Banken Deutschlands (EdÖ) die Aufgabe zu entziehen und nur eine einzige gesetzliche Entschädigungseinrichtung hierzulande zu etablieren. Der Entwurf wird derzeit parlamentarisch beraten. (Börsen-Zeitung)
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September 18, 2020 00:42 ET (04:42 GMT)
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