DJ EZB/Mersch: PEPP-Flexibilität nicht auf APP übertragbar
Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)--Die Europäische Zentralbank (EZB) muss bei ihren Staatsanleihekäufen nach Aussage von EZB-Direktor Yves Mersch nach dem Ende der Corona-Krise wieder die selbst auferlegten und von Gerichten bestätigten Einschränkungen einhalten. In einem Interview mit der Nachrichtenagentur Bloomberg sagte Mersch, eine Übertragung der Flexibilität vom Pandemiekaufprogramm PEPP auf das herkömmlich APP-Programm sei nicht möglich. Auch sei ihm als Direktoriumsmitglied nichts von diesbezüglichen Diskussionen bekannt. "Uneingeschränkte Flexibilität erhöht das Risiko von Willkür", sagte Mersch.
Mersch wies darauf hin, dass die Mitgliedstaaten aufmerksam darauf achteten, dass diese Willkür eingeschränkt werde. "Wir haben den Staaten in Gerichtshöfen öffentlich zugesagt, was wir tun werden, um die 'roten Linien' des (EU)-Vertrags zu respektieren, besonders die mit Bezug auf das Verbot der monetären Staatsfinanzierung", sagte Mersch.
Am deutschen Bundesverfassungsgericht und am Europäischen Gerichtshof (EuGH) waren mehrmals Klagen gegen Kaufprogramme der EZB verhandelt worden. Zuletzt hatte das Bundesverfassungsgericht einen regelmäßigen geldpolitischen Dialog zwischen Bundestag und Bundesbank erzwungen. Dem war das Urteil vorausgegangen, dass die EZB die Angemessenheit ihrer Staatsanleihekäufe im Rahmen des APP nicht ausreichend erkläre.
Als monetäre Staatsfinanzierung hatte das deutsche Gericht die APP-Staatsanleihekäufe jedoch nicht eingestuft. Begründet wurde dies mit der Respektierung bestimmter "roter Linien", darunter das Verbot, mehr als ein Drittel einer Emission oder aller ausstehender Staatsanleihen eines Landes zu halten. Auch müssen sich die Staatsanleihekäufe am eingezahlten Anteil jedes Landes am EZB-Kapital orientieren.
Mit ihrem später beschlossenen PEPP-Programm setzte die EZB jedoch das Emittenten- und Emissionslimit aus und suspendierte die Orientierung am EZB-Kapitalschlüssel zumindest vorübergehend. Die Financial Times hatte in dieser Woche unter Berufung auf zwei namentlich nicht genannte EZB-Ratsmitglieder berichtet, dass der Rat bei seiner nächsten Sitzung das PEPP prüfen werde. Dabei solle auch die Möglichkeit diskutiert werden, die höhere Flexibilität dieses Programms auf das APP zu übertragen.
Yves Mersch, der dem EZB-Direktorium seit 2012 angehört und im Dezember ausscheidet, gilt als geldpolitischer "Falke" in dem Gremium.
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September 23, 2020 04:17 ET (08:17 GMT)
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