DJ Scholz: Verständigung auf Mindeststeuerplan sehr wahrscheinlich
Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones)--Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hat sich zuversichtlich gezeigt, dass eine prinzipielle Verständigung bei der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) über eine internationale Mindeststeuer gefunden wird. Dies wäre ein "sehr großer Fortschritt", sagte er bei einer Diskussion mit Wirtschafts-Nobelpreisträger Joseph Stiglitz. "Es ist sehr wahrscheinlich, dass wir einen sehr konkreten Blueprint zu dieser Frage in der OECD bekommen werden", erklärte Scholz zur Mindestbesteuerung.
Für eine ebenfalls angestrebte Besteuerung von Digitalkonzernen sei dies hingegen "nicht so wahrscheinlich". Scholz sprach sich dafür aus, im EU-Finanzministerrat auch in Steuerfragen Mehrheitsentscheidungen zuzulassen. "Wir brauchen eine bessere Fiskalkooperation und auch eine bessere Zusammenarbeit in Steuerfragen", sagte Scholz in der auf Englisch geführten Diskussion bei einem Workshop des Forum New Economy in Berlin. Steuerarbitrage solle es nicht geben.
Stiglitz forderte einen Mindeststeuersatz von 25 Prozent. Die bei der OECD diskutierten Vorschläge seien "nicht angemessen", meinte er. Angesichts von Nullzinsen werde die Geldpolitik "ineffektiv" sein, hob der per Video aus New York zugeschaltete Ökonom zudem hervor. "Deshalb muss in den kommenden Jahren die Fiskalpolitik im Zentrum der makroökonomischen Politik sein." Das Problem derzeit sei kein Inflationsdruck, sondern eine mögliche Deflationsgefahr.
Ausdrücklich lobte Stiglitz die Krisenreaktion der EU mit einem umfangreichen Maßnahmenpaket und gemeinsamer Schuldenaufnahme. "Die Antwort war historisch und visionär", stellte er fest. Nun solle ein "progressives EU-System" mit CO2-, Reichtums-, Unternehmens- und Digitalsteuern geschaffen werden.
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September 29, 2020 14:02 ET (18:02 GMT)
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