DJ Villeroy de Galhau: EZB sollte Symmetrie und Mittelfristigkeit betonen
Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)--Die Europäische Zentralbank (EZB) könnte nach Einschätzung von EZB-Ratsmitglied Francois Villeroy de Galhau mit einer stärker symmetrischen und mittelfristigen Verfolgung ihres Inflationsziels ähnliche Ergebnisse erzielen wie die US-Notenbank mit ihrer neuen Strategie. Bei glaubwürdiger Beachtung dieser Prinzipien wären wahrscheinlich ähnliche Ergebnisse erreichbar wie mit einer Strategie der flexiblen Ansteuerung einer durchschnittlichen Inflationsrate ("flexible average inflation targeting"), sagte Villeroy de Galhau bei der Konferenz "The ECB and it's Watchers".
Der Gouverneur der Banque de France äußerte sich damit ähnlich skeptisch zu dem Fed-Konzept wie vor ihm EZB-Präsidentin Christine Lagarde und EZB-Ratsmitglied Jens Weidmann. "Solche Ausgleichsstrategien könnten weniger erfolgreich sein, wenn die Menschen keine vollständig rationalen Entscheidungen treffen, was der Realität wahrscheinlich sehr nahe kommt", hatte Lagarde am Morgen gesagt. Gleichwohl könnte die Nützlichkeit eines solchen Ansatzes geprüft werden.
Derzeit steuert die EZB knapp 2 Prozent Inflation an, erreicht diese Rate aber schon seit Jahren nicht. Nach ihrer gegenwärtigen Strategie strebt die EZB keinen Ausgleich dieser "Inflationslücke" an. Die Fed dagegen will das künftig tun. Lagarde zufolge könnte der oben beschriebene Strategiewechsel nützlich sein, weil er zu höheren Inflationserwartungen führen könnte - rational handelnde Akteure vorausgesetzt. Lagarde sprach sich dafür aus, dass die EZB künftig glatt 2 Prozent ansteuern sollte - also ein symmetrisches Ziel verfolgen.
Weidmann wies aber darauf hin, dass die Fed im Gegensatz zur EZB neben dem Inflations- auch ein Beschäftigungsziel habe. "Wir haben kein Doppelmandat wie die Federal Reserve", sagte Weidmann. Unter anderem deshalb könne die Fed-Strategie nicht einfach in den Euroraum transferiert werden.
Die Strategie eines "flexible average inflation targeting" sieht vor, nach Phasen unterdurchschnittlicher Inflation solche mit höherer Inflation zuzulassen. Die Fed will das tun, indem sie künftig vor allem auf ein Unterschreiten der Maximalbeschäftigung reagiert und nicht mehr so stark auf ein Überschreiten.
Villeroy de Galhau schlug außerdem vor, die zweite, "monetäre" Säule der geldpolitischen Strategie der EZB zu erweitern. Künftig sollten hier auch die Assets der Banken und das nominale Bruttoinlandsprodukt (BIP) berücksichtigt werden. "Das könnte dabei helfen, unsere so genannten sekundären Ziele, wie die Finanzstabilität, mit unseren Primärmandat der Preisstabilität in Übereinstimmung zu bringen.", sagte Villeroy de Galhau.
Weidmann sagte zu diesem Thema: "Wir sollten nicht vergessen, dass eine anhaltend lockere Geldpolitik zum Aufbau von Ungleichgewichten im Finanzsystem beitragen kann. Langfristig können diese Ungleichgewichte die Preisstabilität bedrohen." Daher sollte eine geldpolitische Strategie flexibel genug sein, um solchen langfristigen Risiken Rechnung zu tragen.
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September 30, 2020 10:04 ET (14:04 GMT)
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