DJ SPD: Maut-Untersuchungsausschuss soll Wahrheit ans Licht bringen
Von Andrea Thomas
BERLIN (Dow Jones)--Der Vorsitzende des Maut-Untersuchungsausschusses verspricht sich von der Befragung der Hauptzeugen zur Pkw-Maut am heutigen Donnerstag im Bundestag Klarheit darüber, wer bei der Aufarbeitung des gescheiterten Projekts gelogen hat. Erst dann solle über mögliche Konsequenzen für Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) nachgedacht werden. Der SPD-Abgeordnete hat Udo Schiefner (SPD) sagte im ARD-Morgenmagazin, es müsse "zweifelsfrei geklärt werden, wer hier die Wahrheit sagt und wer hier womöglich die Unwahrheit sagt".
Auch wollen Schiefner und die anderen Bundestagsabgeordnete weitere Vorgänge um die Pkw-Maut klären. "Es gibt drei zentrale Themen, die für mich in der Tat entscheidend sind. Erstens, hat er tatsächlich auch zweifelsfrei Vergabe- und Haushaltsrecht gebrochen? Und hat er wohlmöglich das Parlament oder die Bevölkerung schlichtweg belogen?", so Schiefner. "Wenn das zweifelsfrei geklärt ist, muss man sehen, wie es weiter geht. Aber ich möchte hier noch keine Vorverurteilung."
Der Untersuchungsausschuss des Bundestags beschäftigt sich mit Scheuers Entscheidung, bereits im Herbst 2018 mit den Betreiberfirmen Verträge zur Erhebung und Kontrolle der Pkw-Maut abgeschlossen zu haben, obwohl der Europäischen Gerichtshof (EuGH) noch nicht sein Urteil zur Rechtmäßigkeit der Maut gefällt hatte. Im Sommer 2019 wurde die geplante deutsche Pkw-Maut dann vom EuGH gestoppt und als ausländerdiskriminierend bezeichnet.
Scheuer kündigte daraufhin der vorgesehenen Betreiberfirma. Diese fordert im Gegenzug hunderte Millionen an Schadensersatz. Die Betreiber haben gesagt, man habe Scheuer angeboten, mit dem Vertragsabschluss bis zum Gerichtsurteil zu warten. Scheuer hat diese Aussage zurückgewiesen.
Schiefner sagte, er wolle von der Befragung des Ministers und der Chefs der Betreiberfirmen klären, wer hier die Wahrheit sage. Er rechnet mit sehr einer intensiveren und langen Nacht für den Untersuchungsausschuss.
Der Fraktionsvize der Grünen, Oliver Krischer, sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, dass es um die Glaubwürdigkeit von Scheuer "nicht gut" stehe. "Geheimtreffen hat er verschwiegen und nicht protokolliert und jetzt tauchen auch noch unterschiedliche Versionen auf, was auf diesen Treffen besprochen wurde", so Krischer. "Ich sehe nur bei Minister Scheuer einen Grund hier, die Unwahrheit zu sagen. Er weiß, dass es eng wird für ihn, deswegen versucht er sich herauszureden", so Krischer weiter. "Wir werden ihm auf den Zahn fühlen."
Bei der Sitzung werden Volker Schneble, Geschäftsführer der Autoticket GmbH, Klaus-Peter Schulenberg, Vorstandsvorsitzender von CTS Eventim sowie Georg Kapsch, Vorstandsvorsitzender von Kapsch TrafficCom, aussagen. Außerdem wird Scheuers früherer Staatssekretär Gerhard Schulz (parteilos) gehört werden, der als "Mr. Maut" bekannt wurde und seit März 2019 Geschäftsführer der Maut-Betreiberfirma Toll Collect ist. Auch Scheuer soll befragt werden.
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October 01, 2020 03:12 ET (07:12 GMT)
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