DJ Heil drängt zu europäischem Vorgehen bei Lieferkettengesetz
Von Andrea Thomas
BERLIN (Dow Jones)--Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hat die Europäische Union aufgefordert, menschenwürdige Arbeit bei internationalen Lieferketten besser durchzusetzen. Deutschland könne mit einem nationalen Lieferkettengesetz vorangehen, aber auch eine europäische Lösung sei nötig, so der SPD-Politiker.
"Europa braucht eine verbindliche Regelung für nachhaltige und faire Lieferketten. Die Menschen müssen sich sicher sein, dass die Produkte in ihren Einkaufswagen nicht mit Ausbeutung oder Kinderarbeit hergestellt sind", erklärte Heil am Dienstag auf einer virtuellen Konferenz zu den globalen Lieferketten. "Ich wünsche mir, dass wir zu einer ambitionierten europäischen Lösung kommen. Deutschland kann mit gutem Beispiel vorangehen, indem wir ein eigenes und wirkungsvolles Gesetz in Deutschland einführen."
Die Konferenz fand im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft in diesem Halbjahr statt.
Regierung über Lieferkettengesetz zerstritten
In Deutschland wird seit Monaten heftig über ein nationales Lieferkettengesetz gestritten. Heil und Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) wollen ein Gesetz vorlegen, mit dem für Unternehmen präventive Mechanismen verpflichtend werden sollen, die sich gegen die globale Ausbeutung und Kinderarbeit richten. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hat jedoch Bedenken angemeldet, die von Wirtschaftsvertretern geteilt werden.
Der Arbeitgeberverband BDA, der Industrieverband BDI sowie der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) forderten im vergangenen Monat in einer gemeinsamen Stellungnahme, dass das Lieferkettengesetz praktikabel sein müsse. Auch dürfe es den Unternehmen nicht "Pflichten auferlegen, die selbst unsere Bundesregierung in Vereinbarungen mit anderen Staaten nicht durchzusetzen vermag".
Insbesondere die Forderung für eine zivilrechtliche Haftung von Unternehmen für unabhängige Geschäftspartner im Ausland, die dort eigenen gesetzlichen Regelungen unterliegen, sei "realitätsfern". Globale Lieferketten seinen komplex und enthielten oftmals über 100 Zulieferstufen, die aus Deutschland heraus überhaupt nicht zu kontrollieren seien. Dafür könnten Unternehmen nicht in Haftung genommen werden. BDA, BDI und DIHK appellierten deshalb an die Bundesregierung, die Sorgfaltsanforderungen auf reine Menschenrechtsfragen und direkte überprüfbare Zulieferer zu begrenzen.
Die Initiative Lieferkettengesetz, ein Zusammenschluss von über 110 Organisationen, hat hingegen am Montag von der Bundesregierung Fortschritte beim Menschenrechtsschutz durch ein wirksames Lieferkettengesetz gefordert.
"Brennende Fabriken, ausbeuterische Kinderarbeit oder zerstörte Regenwälder: Deutsche Unternehmen müssen alles dafür tun, solche Zustände in ihren Lieferketten zu beenden", erklärte Johannes Heeg, Sprecher der Initiative Lieferkettengesetz. "Die Vorschläge der großen Verbände bringen uns keinen Schritt weiter. Im Gegenteil: Sorgfaltspflichten nur bezogen auf direkte Zulieferer blendet die größten Risikobereiche aus und bleiben hinter internationalen Standards weit zurück".
(Mitarbeit: Petra Sorge)
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October 06, 2020 08:39 ET (12:39 GMT)
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