DJ PRESSESPIEGEL/Zinsen, Konjunktur, Kapitalmärkte, Branchen
Die wirtschaftsrelevanten Themen aus den Medien, zusammengestellt von Dow Jones Newswires.
KRANKENHÄUSER - Mehrere Krankenhäuser, die im Frühjahr besonders viele Corona-Patienten versorgen mussten, klagen nun über Millionenverluste. Die Kliniken Nordoberpfalz, in deren Einzugsbereich der Hotspot Tirschenreuth liegt, rechnen mit einem Minus von bis zu 1,5 Millionen Euro, die RoMed-Kliniken mit Sitz in Rosenheim erwarten ein Defizit von 3,4 Millionen Euro. Die München Klinik spricht von einem Verlust im hohen einstelligen Millionenbereich. Die Verantwortlichen dieser Kliniken beklagen, die vom Bund bereitgestellten Mittel zur Bekämpfung der Pandemie hätten bei Weitem nicht ausgereicht, um die tatsächlichen Kosten auszugleichen, die entstanden seien, weil die Preise für Schutzausrüstung und medizinische Geräte in die Höhe schossen. Sie fühlen sich von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) im Stich gelassen. Spahn hatte die Kliniken im Frühjahr aufgefordert, alle Ressourcen für den Kampf gegen das Virus zu bündeln und auf Operationen zu verzichten, die medizinisch nicht notwendig sind. Er versprach, der Bund werde die Kosten übernehmen. Axel Fischer, Geschäftsführer der München Klinik, mahnt Spahn, sich an seine Zusage zu erinnern. Es könne nicht sein, dass die Kliniken, die während der ersten Welle die Hauptlast der Versorgung trugen, nun auf ihren Kosten sitzen blieben. (Süddeutsche Zeitung)
SANKTIONEN - Internationale Konflikte werden zunehmend mit wirtschaftlichen Mitteln ausgetragen. Doch der EU fehlen bisher Möglichkeiten, darauf zu reagieren. Das könnte sich ändern. Unterstützt von der deutschen und französischen Regierung hat die Denkfabrik European Council on Foreign Relations (ECFR) Vorschläge zum "Schutz Europas gegen Zwangsmaßnahmen" erstellt. Spitzenbeamte, Parlamentarier und Wirtschaftsvertreter haben daran mitgewirkt. Die Vorschläge, die dem Handelsblatt vorliegen, reichen vom Aufbau einer EU-Exportbank bis zur Schaffung eines digitalen Euros, um unabhängiger vom US-Finanzsystem zu werden. Ein Vorschlag birgt besondere politische Sprengkraft: Ein "gemeinsames europäisches Verteidigungsinstrument" soll der EU die Möglichkeit geben, Sanktionen mit Gegensanktionen zu beantworten - eine Kampfansage in Richtung USA und China. "In einer Welt zunehmender Großmächtekonkurrenz muss Europa seine Interessen und Werte auch nach außen souveräner und selbstbewusster vertreten", unterstützt Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) den Vorstoß. "Damit wir in Europa unsere eigene Politik gestalten können, müssen wir europäische Unternehmen besser vor Druck von außen schützen." (Handelsblatt)
MERCOSUR - Valdis Dombrovskis, der geschäftsführende Vizepräsident der EU-Kommission, will den Handelsvertrag mit dem südamerikanischen Wirtschaftsblock Mercosur retten - und dafür Klimaschutzvereinbarungen mit der brasilianischen Regierung abschließen. "Das Abkommen hat viele positive Aspekte. Aber zugleich teilen wir in der Kommission die Sorgen und Zweifel, was die Entwaldung am Amazonas angeht und die Befolgung des Pariser Klimaschutzabkommens durch die Mercosur-Länder", sagte Dombrovskis in einem Video-Interview mit der Süddeutschen Zeitung und einer Handvoll ausländischer Medien. Der Handelsvertrag zwischen der EU und den vier Staaten Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay würde vier Milliarden Euro Zölle pro Jahr streichen und die größte Freihandelszone der Welt schaffen. Außerdem verpflichtet der Vertrag die Mercosur-Mitglieder auf die Pariser Klimaschutzziele. (Süddeutsche Zeitung)
HANDELSSTREIT - Im Streit um Beihilfen an die Flugzeugbauer Airbus und Boeing lehnt der neue EU-Handelskommissar Valdis Dombrovskis ein Kompromissangebot der USA ab. Der amerikanische Handelsbeauftragte Robert Lighthizer sagte Brüssel zu, Strafzölle zu streichen, wenn Airbus seine anstößigen Beihilfen an europäische Regierungen zurückzahlt. Dombrovskis wies diese Forderung zurück: "Das geht über die Anforderungen und Regeln der WTO hinaus", sagte er in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung. Airbus und die EU-Regierungen hätten im Juli die Bedingungen für Staatshilfen angepasst, ergänzte er. "Daher befolgen wir nun alle WTO-Regeln und sehen keine Grundlage dafür, dass die USA ihre Strafzölle beibehalten." (Süddeutsche Zeitung)
VERKEHRSETAT - Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer verwaltet zwar den größten Investitionsetat des Bundes - er schafft es aber nicht, das Geld auszugeben. In den vergangenen drei Jahren blieben 12,4 Milliarden Euro liegen, dieses Jahr allein fast 20 Prozent des Etats. Der Bundesrechnungshof schlägt Alarm, das Finanzministerium hat bereits den Etatansatz gekürzt. Nun reagiert Scheuer - mit einer neuen Unterabteilung in seinem Ministerium. Sie soll nicht nur herausfinden, warum das Geld für Bauprojekte und Förderprogramme nicht abfließt, sondern auch die Rechnungsprüfer besänftigen. (Handelsblatt)
LOCKDOWN - Wenn die Zahl der Hotspots zunimmt, sind dann erneute Lockdown-Maßnahmen für ganz Deutschland vorstellbar? Und rechtens? Nein, sagt Ferdinand Kirchhof, bis 2018 Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts. Eine solche bundesweite Vorschrift wäre "nicht möglich", sagte er Welt. Die Hürden seien dieses Mal höher als beim ersten Mal, denn "die Gefährdung durch eine zweite Schließung ist für die Gastronomie, den Einzelhandel und die Tourismusbranche erheblich größer". (Welt)
GRUNDGESETZ - Die Bundesregierung will den Begriff "Rasse" aus dem Grundgesetz streichen. Das hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Montagabend mit Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) und Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) vereinbart. Das Vorhaben, das auf eine Initiative der Grünen zurückgeht, war in der Bundesregierung erst auf Widerstand gestoßen. Nun soll das Wort "Rasse" aus dem Grundgesetz gestrichen werden, der Schutz vor Rassismus aber bleiben. Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) soll mit Innenminister Seehofer einen Gesetzentwurf erarbeiten. "Das Vorhaben ist aus meiner Sicht richtig und sehr in Ordnung", sagte er der Süddeutschen Zeitung. (Süddeutsche Zeitung)
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October 21, 2020 00:20 ET (04:20 GMT)
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