DJ Einzelhandel warnt vor erneuten Lockdown
Von Andrea Thomas
BERLIN (Dow Jones)--Der deutsche Einzelhandel warnt angesichts der Debatten um einen erneuten Lockdown im Kampf gegen die Corona-Pandemie vor drohenden Geschäftsschließungen. Auch ein radikaler Lockdown von nur einer Woche, wie etwa vorgeschlagen vom stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Thomas Strobl, sieht Stefan Genth, Hauptgeschäftsführer Handelsverband Deutschland kritisch.
"Eine Woche Lockdown - wer gibt uns die Sicherheit, dass wir damit dann in ein Weihnachtsgeschäft normal hineingehen können?", sagte Genth dem Fernsehsender Welt. "Ich glaube, wir müssen Hygienekonzepte viel ernster nehmen. Gerade im privaten Umfeld ist es enorm wichtig, dass da die Kontakte eingeschränkt werden. Aber wenn das Wirtschaftsleben jetzt wieder komplett runterführt, dann gibt es Tausende von Insolvenzen und auch übrigens von Arbeitsplätze im Einzelhandel, die dann gefährdet sind."
Strobl hat im Nachrichtenportal The Pioneer gefordert, dass man notfalls einen radikalen Stillstand des Landes für eine Woche in Betracht ziehen müsse. "Wenn die Zahlen sich weiter so entwickeln, wenn wir das Infektionsgeschehen nicht in den Griff bekommen, dann müssen wir für eine Woche alles zumachen und schließen, dass von Freitag bis Sonntag die Woche drauf gar nichts mehr geht", sagte Strobl dem Nachrichtenportal The Pioneer.
Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten der Länder wollen am Mittwoch über weitere Maßnahmen im Kampf gegen die Pandemie sprechen. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier warnte am Dienstag, dass bis Ende der Woche mit 20.000 Corona-Neuinfektionen zu rechnen sei.
Genth betonte, dass auch ein weniger radikaler Lockdown, bei dem Geschäfte geöffnet aber Ausgangsbeschränkungen ausgesprochen werden, hätte deutliche Folgen für den Einzelhandel. Denn selbst wenn die Geschäfte offenbleiben könnten, würden Kunden die Innenstädte bei Ausgangsbeschränkungen nicht mehr frequentieren können.
"Das würde unserer Branche - der Textileinzelhandel - nicht noch mal überstehen können nach dem Lockdown, den wir im März/April hatten", warnte Genth. "Hier müsste der Staat natürlich mit anderen Maßnahmen dann einspringen."
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October 27, 2020 05:31 ET (09:31 GMT)
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