DJ MAKRO TALK USA/ZVEI fordert schnelle Handelsgespräche
Kommentare und Einschätzungen unter ökonomisch-wirtschaftlichen Gesichtspunkten zum Sieg von Joe Biden bei der US-Präsidentschaftswahl:
ZVEI: Handelsgespräche mit Biden-Regierung so schnell wie möglich
Der Zentralverband der Elektrotechnik- und Elektronik-Industrie (ZVEI) drängt die EU zu möglichst schnellen Handelsgesprächen mit der neuen US-Regierung. Die USA gehörten zu den wichtigsten Partnern der deutschen Elektroindustrie. Mit Ausfuhren in Höhe von über 19 Milliarden Euro waren die Vereinigten Staaten laut der Mitteilung im vergangenen Jahr der zweitgrößte Exportabnehmer der Branche. Mit Importen im Wert von 13,1 Milliarden Euro im vergangenen Jahr spielten Produkte aus den USA auch für den deutschen Elektromarkt eine bedeutende Rolle.
"Daher fordern wir die EU und die neue US-Administration dazu auf, schnellstmöglich nach Amtsübergabe Gespräche zur künftigen Zusammenarbeit aufzunehmen. Im Fokus müssen die gemeinsame Wiederbelebung der WTO sowie ein neues Handelsabkommen stehen", sagte Wolfgang Weber, Vorsitzender der ZVEI-Geschäftsführung, anlässlich des Wahlausgangs in den USA.
VDMA: Investitionsgüterindustrie dürfte von Biden-Plan profitieren
Der Maschinenbauverband VDMA erwartet von Joe Biden eine besser berechenbare Politik. Sein kurzfristiges, riesiges Konjunkturprogramm von 2000 Milliarden Dollar umfasse Infrastrukturprojekte ebenso wie den Ausbau der Digitalisierung und der erneuerbaren Energien. "Davon dürfte auch die europäische Investitionsgüterindustrie profitieren", erklärte VDMA-Präsident Karl Haeusgen. Dennoch dürfte der neue US-Präsident in Teilen die protektionistische Handelspolitik seines Vorgängers fortsetzen: Staatsaufträge sollen möglichst an amerikanische Firmen vergeben werden. Auch mit Blick auf China sei nicht mit Entspannung zu rechnen. Handelspolitisch stünden die Zeichen mit Europa auf Entspannung. Dazu müssen wechselseitig die Strafzölle auf EU- und US-Produkte abgeschafft und ein bilaterales Handelsabkommen EU-USA abgeschlossen werden.
Familienunternehmer hoffen auf Kooperation statt Konflikte
Die Familienunternehmer hoffen nach dem Sieg von Joe Biden auf Kooperation statt Konflikte. "Die USA und auch Europa sind durch die Corona-Krise stark getroffen worden und sollten jetzt alles daran setzen, die Vorteile eines freien Handels zu nutzen", so Reinhold von Eben-Worlée, Präsident des Verbands Die Familienunternehmen. "Wichtig wäre, dass die USA ihre Blockade in der Welthandelsorganisation aufgeben und wieder stärker auf supranationale Organisationen setzen. Gerade für die bevorstehenden Herausforderungen braucht es internationale Lösungen." Bidens Ankündigungen, dem Pariser Klimaabkommen wieder beitreten zu wollen, lasse hoffen, dass man einen gemeinsamen Weg des Klimaschutzes und vielleicht sogar der Installierung kompatibler Emmissions-Zertifikatesysteme findet.
IMK: Biden-Wahl bringt positive weltwirtschaftliche Impulse
Das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung erwartet von Joe Bidens Wahl positive weltwirtschaftliche Impulse. Allerdings dürften Handelskonflikte nur teilweise beigelegt werden. Biden dürfte zum Multilateralismus zurückkehren. Doch Strafzölle gegen China und die Blockade der Welthandelsorganisation (WTO) dürften zunächst andauern. Die knappen Mehrheiten im Senat und die Dominanz der Konservativen am Supreme Court würden Teile des von Biden angekündigten massiven Ausgabenprogramms verhindern. Daher dürfte sich "aus den US-Investitionsprogrammen für die deutsche Wirtschaft lediglich ein eher moderater Nachfrageeffekt" ergeben, so IMK-Direktor Sebastian Dullien. Auch dürften bei der öffentlichen Beschaffung weiter vor allem US-Unternehmen zum Zuge kommen. Zusätzliche Absatzchancen ergäben sich für deutsche Anbieter vor allem dort, wo es wenige heimische Anbieter gibt.
VCI sieht Chance auf konstruktive Handels- und Klimapolitik
Der Verband der Chemischen Industrie (VCI) sieht im Sieg von Joe Biden eine "Chance auf einen politischen Kurswechsel", bei der das Weiße Haus auf einen konstruktive Strategie in der Handels- und Klimapolitik einschwenkt. Der Wille zur Kooperation im Welthandel und die Stärkung internationaler Regelwerke statt Protektionismus sollten die künftige US-Politik prägen. Auch sollten die USA sich auf die transatlantische Allianz und eine enge Partnerschaft zwischen Europa und den USA zurückbesinnen. "Eine weltoffene Haltung im Weißen Haus und Entscheidungen, die wissenschaftliche Fakten zugrunde legen statt sie zu ignorieren, sind unerlässlich, wenn die Weltgemeinschaft globale Herausforderungen wie den Klimawandel oder die Folgen der Covid-19-Pandemie gemeinsam erfolgreich bewältigen will", so VCI-Hauptgeschäftsführer Wolfgang Große Entrup.
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November 08, 2020 07:21 ET (12:21 GMT)
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