
DJ Steuerschätzer sehen bis 2024 Mehreinnahmen von 15,8 Milliarden Euro
Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones)--Der deutsche Fiskus kann in den nächsten Jahren mit höheren Steuereinnahmen rechnen als im Zuge der Corona-Krise bisher angenommen. Insgesamt dürften bis einschließlich 2024 rund 15,8 Milliarden Euro mehr in der Staatskasse landen als noch im September erwartet. Das Finanzministerium erklärte, für dieses und die beiden kommenden Jahre entwickelten sich die Einnahmen "aufgrund der vergleichsweise guten Wirtschaftsentwicklung sogar deutlich besser als noch im September erwartet".
Die aktuelle Steuerschätzung zeige, "dass unsere bisherigen Entscheidungen richtig gewesen sind und es konjunkturell wieder aufwärts geht", erklärte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) in einer Mitteilung. "Die Corona-Pandemie ist längst nicht überwunden", betonte er. Man müsse das Geschehen weiterhin aufmerksam beobachten. "Und wenn es nötig werden sollte, werden wir schnell und entschlossen handeln."
Der Schutz der Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger stehe nicht im Widerspruch zum Wirtschaftsaufschwung, unterstrich der Vizekanzler. Die Bundesregierung sei fest entschlossen, Beschäftigte, Selbstständige und Unternehmen weiter zu unterstützen. "Diesen Kurs werde ich fortsetzen", kündigte Scholz an. "All das kostet natürlich Geld. Nichtstun wäre aber um vieles teurer."
Bund winken dieses Jahr 3,4 Milliarden mehr
Dieses Jahr können Bund, Länder und Gemeinden nach der neuen Kalkulation mit 10,6 Milliarden Euro mehr rechnen als im September angenommen. Kommendes Jahr können sie dann zusätzliche 3,4 Milliarden Euro einrechnen, 2022 5,4 Milliarden Euro mehr und 2023 0,6 Milliarden mehr. Für 2024 soll es dann aber Mindereinnahmen gegenüber der bisherigen Prognose von 4,2 Milliarden Euro geben. Dem Bund allein winken dieses Jahr um 3,4 Milliarden Euro höhere Steuereinnahmen als erwartet, im nächsten Jahr sollen es dann 1,7 Milliarden mehr sein.
Insgesamt sollen die Steuereinnahmen 2020 gegenüber dem Vorjahr um 8,9 Prozent auf 728,3 Milliarden Euro sinken und 2021 wieder um 6,6 Prozent auf dann 776,2 Milliarden Euro steigen. Im September hatten die Schätzer mit Einnahmen von 717,7 Milliarden Euro in diesem Jahr gerechnet. Für die nachfolgenden Jahre veranschlagen die Experten jährliche Steigerungsraten zwischen 6,6 und 3,3 Prozent. Im Jahr 2024 sollen die Einnahmen nach ihren Berechnungen bei 908,4 Milliarden Euro liegen.
Im September hatte der Arbeitskreis Steuerschätzung veranschlagt, dass bis 2024 rund 29,6 Milliarden Euro weniger eingenommen würden als im Mai erwartet. Im Mai hatten die Steuerschätzer wegen der Corona-Krise bereits Mindereinnahmen von rund 315,9 Milliarden Euro vorausgesagt. Wegen der Krise hatte Scholz für September eine Sonderschätzung veranlasst. Erstmals seit der Finanzkrise im Jahr 2009 werden die Einnahmen laut der Prognose der Schätzer im Jahresvergleich wieder sinken.
Dem Arbeitskreis Steuerschätzung, der die Zahlen berechnete, gehören Vertreter von Bund, Ländern und Kommunen sowie Experten von Verbänden, Wirtschaftsforschungshäusern und Behörden an. Diese berechnen jedes Jahr im Frühjahr und Herbst die zu erwartenden Steuereinnahmen. Die Prognosen bilden dann die Grundlage für die weiteren Haushaltsplanungen der Regierung.
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November 12, 2020 09:07 ET (14:07 GMT)
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