
DJ Kurz will im Streit mit Polen und Ungarn bei EU-Etat nicht nachgeben
Von Andrea Thomas
BERLIN (Dow Jones)--Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz will im Streit mit Polen und Ungarn um die Rechtsstaatlichkeit nicht nachgeben. Kurz sagte auf einer Veranstaltung des CDU-Wirtschaftsrats, es sei bei der Vergabe der EU-Haushaltsmittel eine "absolute Notwendigkeit", dass rechtsstaatliche Grundsätze eingehalten werden.
Zuvor hatten Polen und Ungarn ihr Veto zum mehrjährigen Haushalt der Europäischen Union eingelegt, mit dem 1,8 Billionen Euro innerhalb der nächsten sieben Jahre ausgegeben werden sollen. Der Haushalt kann nur durch ein einstimmiges Votum aller 27 EU-Mitgliedsstaaten in Kraft treten.
"Ich glaube, dass wir hier sehr klar bleiben sollten. Denn da werden gerade Beträge in einer noch nie dagewesenen Form verteilt", erklärte Kurz. Sonst würden über kleine Beträge sehr ausführlich diskutiert. "Jetzt bei großen Beträgen sämtliche unserer Grundsätze über Bord zu werfen, das würde ich für gefährlich erachten", so Kurz.
Neben der Rechtsstaatlichkeit gehe es aber auch um die Mittelverwendung des Corona-Wiederaufbaufonds und um die im Gegenzug damit einhergehende Pflicht zu Reformen. Auch hier müsse in der Kontrolle hingeschaut werden.
Kein Einstieg in die Schuldenunion
Der EU-Wiederaufbaufonds, der rund 750 Milliarden Euro umfassen soll, sei "Gott sei Dank kein Einstieg in eine Schuldenunion", so Kurz, denn er sei nicht von Dauer. Aber die Elemente seien schon da. Wenn die Arbeitslosigkeit höher, die Wirtschaftsleistung schlechter und die Haushaltssituation angespannter seien, dann gebe es mehr Geld von Europa. Und wenn man gut da stünde, dann gebe es weniger Geld.
Es sei daher wichtig, eine gewisse Verantwortlichkeit für die Schulden zu haben. Ohne diese Verantwortlichkeit würde es für Regierungen immer attraktiver werden, ohne Bremse auszugeben, was das Zeug hält, mahnte der Österreicher.
Merz sieht tiefe Krise
Friedrich Merz, der sich um den CDU-Vorsitz bewirbt, zeigte sich auf der gleichen Veranstaltung besorgt über das Veto der Polen und Ungarn.
"Es kann sein, dass durch die Entscheidung des heutigen Tages Europa in eine sehr tiefe Krise stürzt. Ich sehe jedenfalls im Augenblick kaum einen Ausweg, wie man aus dieser Blockade herauskommen will", so Merz. "Wenn diese Blockade nicht aufgelöst wird, kann es sein, dass wir über den Jahreswechsel 2020/2021 die größte Krise Europas erleben, die wir jemals in der Nachkriegsgeschichte erlebt haben."
Es liege mit an der EU-Ratspräsidentschaft, die Deutschland bis Ende Dezember innehält, dieses nun aufzulösen und dafür Sorge zu tragen, dass man Beides ermöglicht: "Hilfe, aber gleichzeitig auch die Garantie der Rechtsstaatlichkeit in allen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union", so Merz.
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November 16, 2020 11:45 ET (16:45 GMT)
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