DJ DZ Bank/Bielmeier: EZB-Ziel bleibt Trennung von Geld- und Fiskalpolitik
Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)--Der scheidende Chefvolkswirt der DZ Bank, Stefan Bielmeier, rechnet wegen der Corona-Pandemie damit, dass Geld- und Fiskalpolitik im Euroraum verstärkt "Hand in Hand" gehen werden - allerdings nur vorübergehend. "Wahrscheinlich wird es eine Mischung sein aus Wachstumsförderungsprogrammen von fiskalischer Seite" und einer Geldpolitik, die das verstärke, sagte Bielmeier bei der Vorstellung des Jahresausblicks für 2021.
Die fortlaufenden Aufforderungen der EZB an die Länder, Strukturreformen voranzutreiben, deuteten aber darauf hin, dass die EZB eine geringere Abhängigkeit der Länder von der Zinspolitik lieber wäre. "Ziel wird natürlich schon sein, dass man Geldpolitik und Fiskalpolitik voneinander trennt, das wird aber noch ein paar Jahre dauern", sagte Bielmeier.
Die Schuldentragfähigkeit der Länder sei eine Funktion der Schuldenhöhe, der Zinsen und der zugrundeliegenden Wirtschaftsleistung. Um in dieser Situation einen Zustand "fiskalischer Dominanz" zu vermeiden, in dem die Geldpolitik ins Fahrwasser der Fiskalpolitik gerate, bräuchte es laut Bielmeier ein hohen Realwachstum und eine Inflation, die etwas höher ist als derzeit.
So etwas sei denkbar - gegenwärtig rechne er aber mit oben beschriebenem Mix aus expansiver Fiskal- und Geldpolitik. EZB-Chefvolkswirt Philip Lane hatte am Montag im Interview mit einem portugiesischen Radiosender gesagt, der EZB sei klar, dass für Unternehmen, private Haushalte und - besonders wichtig - Regierungen niedrige Zinsen und Zugang zu Krediten wichtig seien.
Bielmeier, der 2021 zur DZ Privatbank wechselt, sagte mit Blick auf die vergangenen zehn Jahre, diese seien gekennzeichnet gewesen von einer "Selbstermächtigung der Zentralbanken, die beflügelt wurde von einer im Trend sinkenden Inflation". Die Zentralbanken seien von einem Inflationsbekämpfungsregime zu einem Inflationsförderungsregime gewechselt.
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November 17, 2020 06:16 ET (11:16 GMT)
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