
DJ Lagarde: EZB-Dominanz trotz Koordinierung mit Fiskalpolitik
Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)--EZB-Präsidentin Christine Lagarde ist der Befürchtung entgegengetreten, dass die Europäische Zentralbank (EZB) in der Corona-Krise ihre Unabhängigkeit verlieren könnte. "Aus Sicht der EZB haben wir uns an die Grenzen unseres Mandats gehalten. Unsere Unabhängigkeit war niemals bedroht. Keine fiskalische Behörde hat uns gebeten, dies oder jenes zu tun", sagte Lagarde in der Anhörung des Wirtschafts- und Währungsausschuss des Europaparlaments.
Kritiker in Deutschland befürchten, dass die EZB wegen der hohen öffentlichen Verschuldung in einigen Ländern des Euroraums de facto ihre Unabhängigkeit verlieren könnte. Sie argumentieren, dass die EZB ihre Geldpolitik länger als aus Sicht der Preisstabilität notwendig, locker halten könnte, um die Zinslast einiger Staaten zu senken und damit den Zusammenhalt des Euroraums zu gewährleisten. Dieser Zustand wird "fiskalische Dominanz" genannt.
Dieses Risiko sprach Lagarde nicht an. Sie sagte: "Die Geldpolitik hat ihre eigene Dominanz bewahrt." An anderer Stelle sagte sie, Fiskal- und Geldpolitik hätten "Hand in Hand" gearbeitet. "Keiner von uns ist in das Territorium des anderen eingedrungen." Es habe keine Dominanz gegeben, weder von der Fiskalpolitik noch von der Geldpolitik.
Die EZB-Präsidentin lobte die "sehr effektive Koordinierung" von Fiskal- und Geldpolitik. Als ein Beispiel für eine "nicht beabsichtigte und nicht durchdachte, aber effektive" Kooperation nannte sie die im Frühjahr aufgelegten langfristigen und gezielten Refinanzierungsgeschäfte (TLTROs) auf der einen Seite und die Verabschiedung von Kreditgarantien durch die Finanzministerium auf der anderen Seite, "ohne die die Banken bei der Kreditvergabe an Unternehmen wahrscheinlicher etwas zurückhaltender gewesen wären."
Der EZB-Rat entscheidet am 10. Dezember über den weiteren Gang der Geldpolitik. Analysten erwarten, dass er eine Aufstockung und Verlängerung des Pandemiekaufprogramms PEPP beschließen wird, das vor allem den Ankauf von Staatsanleihen vorsieht.
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November 19, 2020 05:37 ET (10:37 GMT)
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