DJ IfW: Unternehmenshilfen müssen überarbeitet werden
Von Andreas Kißler
KIEL/BERLIN (Dow Jones)--Das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) hat vor den Beratungen von Bund und Ländern über Beschränkungen wegen der Coronavirus-Pandemie eine grundsätzliche Überarbeitung von Unternehmenshilfen angemahnt. "Die angesichts des Pandemieverlaufs gebotene Verlängerung des Teil-Lockdowns verlängert auch die Wirtschaftskrise und verzögert den Aufschwung", erklärte IfW-Präsident Gabriel Felbermayr.
"Statt immer weiterer Ad-hoc-Hilfsprogramme für Unternehmen sollte die Politik lieber ihren Instrumentenkasten bereinigen und gezieltere Hilfen bereitstellen", verlangte der Ökonom. Eine Verlängerung der Hilfsgelder sei "nötig und auch finanzierbar". Die Unternehmenshilfen müssten aber überarbeitet werden. Nötig sei ein System, "das auch für die nächste Welle oder Krise trägt". Die Hilfen sollten nicht am Umsatz festgemacht werden, das führe zu Fehlsteuerungen. Die Orientierung am Umsatz habe außerdem ganz unterschiedliche Effekte in den einzelnen Branchen.
Das IfW schlug deshalb vor, "die Unternehmenshilfen an den sogenannten Betriebsüberschüssen auszurichten" - also den Umsätzen abzüglich der variablen Kosten wie Wareneinsatz oder Personalkosten. Der Staat solle sich bei der Erstattung aber pauschal an den durchschnittlichen Einbußen der gesamten Branche orientieren, nicht an den Einbußen des einzelnen Unternehmens, sodass Unternehmen Anreize behielten, Umsatzeinbrüche mit neuen Ideen zu kompensieren. Ein solches System reduziere das Risiko, dass nicht mehr marktfähige Zombieunternehmen entstünden. Außerdem diskriminiere es anders als die Überbrückungshilfen "nicht zwischen Fremd- und Eigenkapital".
Das vierte Quartal 2020 werde im Vergleich zum dritten Quartal bestenfalls eine Stagnation des Bruttoinlandsproduktes bringen. Allerdings gebe es von Branche zu Branche extreme Unterschiede. So komme die Industrie sehr viel besser durch den zweiten Lockdown als durch den ersten Lockdown im Frühjahr. Bei personenbezogenen Dienstleistungen, also in der Veranstaltungsbranche, der Gastronomie und der Touristik drohe aber im November und Dezember ein weiterer massiver Einbruch. Danach könne im Frühjahr "ein stärkerer Rückprall erfolgen, als vor dem zweiten Lockdown erwartet wurde".
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November 25, 2020 04:38 ET (09:38 GMT)
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