DJ OECD senkt Wachstumsprognose 2021 trotz Impfstoff-Hoffnungen
Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)--Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat ihre Prognose für die Erholung der Weltwirtschaft 2021 etwas gesenkt. Wichtigster Grund ist die Erwartung, dass die gegen die zweite Pandemiewelle in Europa ergriffenen Maßnahmen das Wachstum bremsen werden.
Gleichwohl spricht die OECD davon, dass nun erstmals seit Beginn der Pandemie Hoffnung auf eine "lichtere Zukunft" bestehe, weil es Fortschritte bei Impfstoffen und bei der Behandlung von Covid-19 gebe.
Die OECD prognostiziert für 2020 einen Rückgang des weltweiten Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 4,2 (September-Prognose: 4,5) Prozent, auf den BIP-Anstiege von 4,2 (5,0) und 3,7 Prozent folgen sollen.
Die OECD erwartet, dass die Erholung in den Ländern ungleichmäßig verlaufen wird, was dauerhafte Veränderungen in der Weltwirtschaft mit sich bringen dürfte. Auf China dürfte 2021 über ein Drittel des Weltwirtschaftswachstums entfallen, meint die OECD. Der Wachstumsbeitrag Europas und Nordamerikas zum globalen Wachstum werde geringer als ihr Anteil an der Weltwirtschaft ausfallen.
Chinas Wirtschaft wird laut OECD schon in laufenden Jahr um 1,5 (1,8) Prozent wachsen, für 2021 und 2022 werden Wachstumsraten von 8,0 (6,0) und 4,9 Prozent prognostiziert. Für die USA prognostiziert die OECD BIP-Veränderungsraten von minus 3,7 (minus 3,8), plus 3,2 (plus 4,0) und plus 3,5 Prozent und für den Euroraum von minus 7,5 (minus 7,9), plus 3,6 (plus 5,1) und plus 3,3 Prozent.
Europa leidet bis 2021 unter andauernden Virus-Ausbrüchen
"Andauernde Virus-Ausbrüche und die damit einhergehenden Eindämmungsmaßnahmen werden die Aktivität so lange behindern, bis ein Impfstoff breit eingesetzt wurde", prognostiziert die Organisation. Privatkonsum und Investitionen dürften unter Unsicherheit und mangelnder Zuversicht leiden. Die Arbeitslosigkeit wird laut OECD bis Mitte 2021 steigen, zweistellige Raten annehmen und anschließend nur langsam zurückgehen.
Deutliche Prognosesenkungen sind vor allem bei Deutschland und Italien zu beobachten. Deutschland sagt die OECD einen BIP-Rückgang von 5,5 (5,4) Prozent im laufenden Jahr voraus, während die Wachstumsprognose für 2021 auf 2,8 (4,6) Prozent gesenkt wurde. Für 2022 wird dann ein Zuwachs von 3,3 Prozent erwartet.
"Starke Auftragseingänge, darunter Exportaufträge, werden das Wachstum des verarbeitenden Gewerbes Ende 2020 stützen, aber das wird sich in dem Maße abschwächen, wie die Erholung beim Konsum langlebiger Wirtschaftsgüter ausläuft", prognostiziert die OECD. Zudem dürfte eine fiskalische Konsolidierung das Wachstum zu Beginn des kommenden Jahres bremsen.
Für Italien prognostiziert die OECD 2020 einen BIP-Rückgang von 9,1 (minus 10,5) Prozent, auf die BIP-Anstiege von 4,3 (5,4) und 3,2 Prozent folgen sollen.
Frankreichs Wachstumsprognosen werden leicht angehoben
Frankreichs BIP-Prognosen hat die Organisation dagegen leicht angehoben auf minus 9,1 (minus 9,5) und plus 6,0 (plus 5,8) Prozent. Für 2022 werden 3,3 Prozent Wirtschaftswachstum erwartet.
Die OECD rechnet damit, dass das weltweite BIP sein Vorkrisenniveau Ende 2021 erreichen wird. Im Euroraum werde das allerdings erste Ende 2022 der Fall sein.
Trotz der Prognosesenkungen bemüht sich die OECD um einen optimistischen Grundton: "Erstmals seit Beginn der Pandemie gibt es Hoffnung auf eine lichtere Zukunft", heißt es in dem Bericht. Fortschritte bei Impfstoffen und Behandlungen stützten die Erwartungen und ließen die Unsicherheit schwinden. Dank beispielloser Maßnahmen von Regierungen und Zentralbanken hätten sich die Aktivitäten in vielen Sektoren weltweit rasch erholt, obwohl manche Dienstleistungsbereiche weiterhin von Abstandsregeln beeinträchtigt blieben.
Allerdings gebe es weiterhin viele Unterbeschäftigte, die meisten Unternehmen hätten zwar überlebt, allerdings finanziell geschwächt. "Das Schlimmste ist verhindert worden", konstatiert die OECD, fügt aber hinzu: "Die Lage bleibt für viel Menschen, Unternehmen und Länder schwierig."
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December 01, 2020 05:08 ET (10:08 GMT)
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