DJ DGB fordert mehr Schutz bei mobiler Arbeit
BERLIN (Dow Jones)---Arbeitnehmer bewerten die Qualität ihrer Tätigkeit etwas besser als im Vorjahr. Allerdings sollten Arbeitgeber mit dem Anstieg von mobiler Arbeit auch den Arbeitsschutz bei wechselnden Tätigkeitsorten verbessern, forderte der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) am Dienstag.
Die Gewerkschaft stellte den DGB-Index Gute Arbeit 2020 vor. Danach stieg der Index um 2 Punkte auf 65 von 100 möglichen Punkten. Insbesondere die Sinnhaftigkeit der eigenen Arbeit werde positiv wahrgenommen. Deutlich negativer würden das Einkommen und die Arbeitsbelastung bewertet, so das Ergebnis einer Befragung von über 6.000 Beschäftigten im Zeitraum von Januar bis Mai. Daher zeige sich hier noch kein durchschlagender Corona-Effekt, so der DGB.
Insgesamt arbeiten mit 36 Prozent mehr als ein Drittel der abhängig Beschäftigten in Deutschland mobil. Dazu zählt der DGB die Arbeit vor Ort bei Kunden oder Patienten, auf dem Bau, auf Dienstreise oder am heimischen Schreibtisch.
Überlange Arbeitszeiten vor allem bei mobilem Arbeiten
Insgesamt sind überlange Arbeitszeiten von mehr als 48 Stunden pro Woche bei mobilen Beschäftigten zwei- bis dreimal so häufig wie bei denen, die nicht mobil arbeiten, ergab die Umfrage. Mobile Beschäftigte arbeiten zudem deutlich häufiger unbezahlt für ihren Arbeitgeber und müssen auch außerhalb der Arbeitszeit oft erreichbar sein, so der DGB.
"Millionen Beschäftigte in Deutschland arbeiten auf ganz unterschiedliche Weise mobil", erklärte DGB-Vorsitzender Reiner Hoffmann. "Leider ist dies häufig mit belastenden Arbeitsbedingungen verbunden."
Er forderte daher, dass der Arbeits- und Gesundheitsschutz auch bei mobiler Arbeit gelten müsse, damit Beschäftigte vor "Entgrenzung, Überlastung und gesundheitsgefährdenden Arbeitsbedingungen" geschützt werden.
In nur rund einem Drittel der Betriebe, die Home Office und mobile Arbeit anbieten, gebe es dazu Betriebsvereinbarungen. Mitbestimmung sei unerlässlich, wenn es darum gehe, Arbeit zu gestalten und Beschäftigte ausreichend zu schützen. Daher müsse das geplante "Mobile-Arbeit-Gesetz" unbedingt um ein Mitbestimmungsrecht für die Einführung und Ausgestaltung von mobiler Arbeit erweitert werden, forderte Hoffmann. Nur so könne mobile Arbeit tatsächlich zu besseren Arbeitsbedingungen und zu mehr Arbeitszeitsouveränität für die Beschäftigten führen.
Besserer Schutz vor Entgrenzung nötig
Francesco Grioli, Vorstandsmitglied der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE), monierte, dass die Arbeitszeitbelastungen mobiler Beschäftigte überdurchschnittlich hoch sei. "Von mobilen Beschäftigten wird deutlich häufiger erwartet, ständig erreichbar zu sein. Die Entgrenzung von Arbeit und Privatleben ist dadurch bei ihnen weit verbreitet", so Grioli. Die mobil Beschäftigten müssten besser vor Entgrenzung geschützt werden. Der Achtstundentag und die elfstündige Ruhezeit seien hier Voraussetzung für ausreichende Erholung und Schutz der Gesundheit.
Für Frank Werneke, Vorsitzender der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi) ist es zentral, dass die Arbeitgeber bei der Ausgestaltung eines angemessenen mobilen Arbeitsplatzes nicht aus der Verantwortung gelassen werden. Ganz wichtig sei zudem, dass den Beschäftigten während ihrer mobilen Arbeit digitale Kommunikationsmittel zur Kontaktaufnahme mit ihren Interessenvertretungen bereitgestellt werden.
Die drei Gewerkschaftsvertreter plädierten bei der Vorstellung des Berichts zudem in der aktuellen Corona-Pandemie für weitere Einschränkungen, wenn die Infektionszahlen nicht deutlich zurück gingen. Allerdings forderten sie, dass in diesem Fall staatlichen Gelder in die Sicherung der sozialen Sicherungssysteme und auch für die Soloselbständigen und Kleinstunternehmer fließen müssten.
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December 08, 2020 06:43 ET (11:43 GMT)
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