LONDON (dpa-AFX) - Der ehemalige Direktor der europäischen Polizeibehörde Europol, Max-Peter Ratzel, ist besorgt über die stockenden Verhandlungen über ein Abkommen für die Zeit nach der Brexit-Übergangsphase. "Ich bin als Europäer beunruhigt, weil wir einen Teil unserer Fähigkeiten verlieren", sagte der Deutsche dem britischen Nachrichtensender Sky News. Als Brite wäre er aber noch stärker beunruhigt. "Sie verlieren natürlicherweise mehr als wir", sagte er an die Briten gerichtet. Das liege an dem Größenunterschied zwischen Großbritannien und der Europäischen Union als Block von Staaten.
Die Verhandlungen über eine Brexit-Handelspakt sind in eine Sackgasse geraten. Am Sonntag wollen beide Seiten entscheiden, wie es weitergehen soll. Ein Scheitern wird derzeit als die wahrscheinlichere Variante betrachtet. Dann würde sich das Verhältnis zwischen Großbritannien und der EU zum Jahreswechsel, wenn die Brexit-Übergangsphase ausläuft, drastisch ändern. Beide Seiten würden den Zugang zu wichtigen Datenbanken verlieren. London müsste beispielsweise auf das Schengener Informationssystem verzichten, in dem unter anderem Daten zu gesuchten Kriminellen abrufbar sind.
Die Politiker beider Seiten rief Ratzel dazu auf, selbst im Falle eines No Deals einen Weg für die weitere Zusammenarbeit auf dem Feld der Polizei und Justiz zu finden. Der europäische Raum werde auch in der Zukunft ein Raum sein, in dem sich Kriminelle bewegen. "Selbst wenn Sie nicht mehr Teil der Europäischen Union sind, werden Kriminelle vom Kontinent nach Großbritannien reisen und andersherum", so Ratzel./cmy/DP/zb