
DJ Bundesbank: Europäische Corona-Schulden Mitgliedsstaaten zuordnen
Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)--Die Deutsche Bundesbank hat eine statistische Erfassung der in nächster Zeit deutlich steigenden Verschuldung auf EU-Ebene gefordert. In einem Aufsatz ihres aktuellen Monatsberichts setzt sie sich dafür ein, die bei der Bewältigung der Corona-Krise anfallenden Schulden von über 1.000 Milliarden Euro den Mitgliedsländern zuzuordnen, da diese die Schulden eines Tages über höhere EU-Mitgliedsbeiträge bezahlen müssten.
Laut Bundesbank wird die EU in der Corona-Krise erstmals in größerem Umfang Schulden aufnehmen, um die Bemühungen der Mitgliedsländer zu flankieren. Dabei handelt es sich um folgende Maximalbeträge:
1. Schulden des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) in Höhe von bis zu 240
Milliarden Euro für zinsgünstige Kredite für Euro-Länder
2. EU-Schulden bis zu 100 Milliarden Euro für zinsgünstige SURE-Kredite an EU-Länder
3. EU-Schulden bis zu 750 Milliarden Euro (in Preisen von 2018) für "Next Generation EU
(NGEU)- Hilfen in Form von Transfers und zinsgünstigen Krediten für EU-Länder.
Bisher wurde eine Schuldenaufnahme auf europäischer Ebene in der Regel noch im gleichen Jahr von den Mitgliedsstaaten finanziert. Daher spiegelte sie sich in den Fiskalkennzahlen der Länder. Die nun geplante Verschuldung wird nicht sofort zurückgezahlt, das ist erst für die Jahre 2028 und 2058 vorgesehen. Es sind demnach auch Zinsen zu zahlen. Die nationalen Haushalte werden also zunächst entlastet und danach höher belastet.
Um diese europäischen Schulden den Mitgliedstaaten für analytische Zwecke zuzuordnen, sollte laut Bundesbank ein Aufteilungsschlüssel festgelegt werden, für den der jeweilige Finanzierungsanteil an den EU-Haushalten ausschlaggebend sein müsse, also der Anteil eines Landes am EU-Bruttonationaleinkommen.
"Demnach wäre Deutschland rund ein Viertel der europäischen Verschuldung zuzuordnen", folgert die Bundesbank. Sie rechnet ein Szenario vor, in dem Deutschland bis 2026 rund 280 Milliarden Euro, entsprechend rund 8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 2019, aufbringen müsste. Solche Belastungen müssen laut Bundesbank künftig auch der bei der Interpretation nationaler Kennzahlen berücksichtigt werden.
Die Bundesbank setzt sich dafür ein, dass künftig nicht nur die Mitgliedstaaten, sondern auch die EU ihre Einnahmen und Ausgaben entsprechend dem Europäischen System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen (ESVG) ausweist. "Dies ist bisher nicht der Fall und sollte Bestandteil der endgültigen Beschlüsse (zu den EU-Corona-Hilfsprogrammen) sein", fordert die Bundesbank.
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December 14, 2020 06:00 ET (11:00 GMT)
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