DJ SPD-Fraktion geht in Drohnen-Streit auf Distanz zur Union
BERLIN (Dow Jones)--Die SPD-Fraktion hat die mit der Union vereinbarte Drohnen-Beschaffung für die Bundeswehr offenbar endgültig abgelehnt und intern einen Rücktritt provoziert. Die Fraktion habe sich darauf verständigt, der Anschaffung "vorerst nicht zuzustimmen, sondern ergebnisoffen breit öffentlich zu diskutieren", teilte der verteidigungspolitische Fraktionssprecher Fritz Felgentreu bei Twitter mit. Zugleich kündigte der Wehrexperte seinen Rücktritt von dem Fraktionsamt an.
Felgentreu, der den Drohnen-Kauf befürwortet, schrieb zur Begründung, dass er den Beschluss der SPD-Abgeordneten respektiere. "Aber die Entscheidung stellt mich auch vor ein Dilemma." Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) unterstützt die Anschaffung der Drohnen, und auch die Bundeswehrspitze stellt sich ganz klar hinter die Forderung. Vor wenigen Tagen aber hat SPD-Chef Norbert Walter-Borjans seinen Widerstand gegen die Pläne angekündigt.
Nach Informationen der Funke-Zeitungen schloss sich Fraktionschef Rolf Mützenich nun den öffentlich geäußerten Bedenken seines Parteivorsitzenden an. Damit riskiert die SPD einen Konflikt mit dem Koalitionspartner Union. Am Nachmittag erklärte Mützenich gegenüber Journalisten noch, dass es in der SPD keine einheitliche Meinung zu dem Thema gebe. Laut den Funke-Zeitungen sagte er in der Fraktionssitzung, dass es die im Koalitionsvertrag geforderte "ausführliche und breite Debatte" über das umstrittene Rüstungsprojekt bis heute nicht gegeben habe. Das Verteidigungsministerium selbst habe die Debatte immer wieder verzögert, dann sei die Corona-Krise gekommen.
Den Vorwurf aus der Union, die SPD blockiere eine Beschaffung und gefährde damit Leib und Leben von Bundeswehrsoldaten, wies Mützenich demnach zurück. Selbst bei einem Beschluss des Bundestages in den nächsten Wochen würde die Bewaffnung von Drohnen erst nach der Bundestagswahl erfolgen. "Sich deshalb jetzt unter Zeitdruck zu setzen, halte ich für politisch unklug", wurde Mützenich zitiert. Er halte es für politisch und ethisch geboten, wenn erst der neue Bundestag abstimme.
SPD und Union hatten im Koalitionsvertrag vereinbart, über die Drohnen-Bewaffnung nach "ausführlicher völkerrechtlicher, verfassungsrechtlicher und ethischer Würdigung" zu entscheiden. Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) hatte mehrere Debatten dazu organisiert und im Juli schließlich empfohlen, die Bundeswehr mit den israelischen Aufklärungsdrohnen Heron TP auszustatten.
(Mitarbeit: Andrea Thomas)
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December 15, 2020 12:04 ET (17:04 GMT)
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