Harakiri oder nachhaltiger Neustart?
Meyer Burger stand am Rande des Ruins. Dabei hat die Heterojunction-Technologie des Unternehmens große Vorteile, denn die mit diesem Verfahren produzierten Solarzellen sind rund 20 Prozent effizienter als handelsübliche Zellen. Man hat aus der Not eine Tugend gemacht und das Geschäftsmodell auf den Kopf gestellt. Zukünftig will man selbst Solarzellen und -module anbieten und so mithelfen, die europäische Solarindustrie wieder aufzubauen. Das Management glaubt, Heterojunction-Module günstiger anbieten zu können als die Konkurrenz, die diese Technologie inzwischen auch im Programm hat.
Meyer Burgers "SmartWire"-Verbindungstechnologie ist den Wettbewerbern überlegen. Deshalb hofft man, ab dem zweiten Halbjahr 2021 erste Aufträge in die Bücher nehmen zu können. Bis dahin sind aber noch hohe Investitionen und Anlaufverluste zu stemmen.
Die finanzielle Lage von Meyer Burger steht immer noch auf tönernen Füßen, auch wenn sich die Situation mittlerweile etwas verbessert hat. So gab es zuletzt im Juli letzten Jahres eine Kapitalerhöhung über 165 Millionen Franken. Zudem wurden aus Liquiditätsgründen Assets wie zum Beispiel die Unternehmenszentrale in Thun verkauft. Im Laufe dieses Jahres soll dann noch mal eine Fremdfinanzierung über 180 Millionen Franken stattfinden. Weitere Finanzierungsrunden sind erst mal nicht vorgesehen.
In Deutschland konnte man aber jetzt einen dicken Fisch an Land ziehen
Meyer Burger erhält für den Aufbau der Produktion in Sachsen-Anhalt eine Subvention von bis zu 22,5 Millionen Euro. Davon sind 7,5 Millionen Euro an die Bedingung geknüpft, dass man in Bitterfeld-Wolfen ein Werk mit einer jährlichen Produktionskapazität von 1,4 Gigawatt errichtet. Zudem muss ein belastbares Finanzierungskonzept vorliegen. Um diese Voraussetzungen erfüllen zu können, hat Meyer Burger im vergangenen August 12 Millionen Euro in Gebäude, Patente und Markenrechte der insolventen SolarWorld investiert.
Bereits im zweiten Quartal 2021 soll in Bitterfeld die Produktion beginnen. Zunächst mit 0,4 Gigawatt pro Jahr, was dann aber zügig auf 1,4 Gigawatt ausgebaut werden soll. Die Zellen will man im sächsischen Freiberg zu Solarmodulen weiterverarbeiten. Gelingt dieses Vorhaben, kann Meyer Burger zu einem der größten Hersteller von Solarzellen und -modulen in Europa avancieren. Die Anlaufkosten werden auf 100 Millionen Franken taxiert.
Fazit: Das neue Geschäftsmodell birgt hohe Chancen, aber mindestens ebenso hohe Risiken. Meyer Burger ist zum Erfolg verdammt. Scheitert der Neustart, dürfte das Unternehmen endgültig Geschichte sein. Ein Investment ist extrem riskant. Dem Risiko des Totalverlustes steht im Erfolgsfall aber auch ein Kurspotenzial von mehreren 100 Prozent gegenüber. Dementsprechend ist die Aktie - wie schon bei der Erstempfehlung klar kommuniziert - nur für sehr robuste Anleger geeignet. Die Gewichtung im Portfolio sollte 3 Prozent des Gesamtvolumens nicht überschreiten.
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