DJ PRESSESPIEGEL/Zinsen, Konjunktur, Kapitalmärkte, Branchen
Die wirtschaftsrelevanten Themen aus den Medien, zusammengestellt von Dow Jones Newswires.
BREXIT - Der Freude über den angeblich gelungenen Brexit-Deal an Heiligabend folgt die Ernüchterung. Weil überbordende Bürokratie und Zollformalitäten den Grenzverkehr zwischen Großbritannien und der EU seit Jahresbeginn ins Stocken bringen, steigen in diesen Tagen immer mehr Transportkonzerne und Onlineversender aus dem UK-Geschäft aus. Zu ihnen zählt der Paketdienst DPD, der Lieferungen aus Großbritannien in die EU bis auf Weiteres eingestellt hat. Seit Ende letzter Woche lässt auch die Bahn-Tochter DB Schenker den Landverkehr zwischen Großbritannien und der EU ruhen. "Lediglich rund zehn Prozent der beauftragten Sendungen sind mit vollständigen und korrekten Papieren versehen", klagt ein Sprecher des größten europäischen Lkw-Transporteurs. (Handelsblatt)
BREXIT - In London werden die Forderungen nach einem Deal mit der EU für den Finanzsektor lauter. Der aktuelle Zustand sei kein dauerhafter Zustand, sagte der ehemalige britische Finanzminister Philip Hammond im Interview mit dem Handelsblatt. Mit dem Brexit am 1. Januar haben die britischen Finanzdienstleister den automatischen Binnenmarktzugang verloren, und die EU-Kommission hat den Finanzplatz London noch nicht als gleichwertig anerkannt. Sollte die EU-Kommission den britischen Firmen weiterhin die Anerkennung verweigern, hält Hammond eine Deregulierung im Königreich für möglich. (Handelsblatt)
EURO - Die EU-Kommission wird heute in Brüssel einen Aktionsplan vorstellen zur Frage, wie die Rolle des Euro im weltweiten Finanzsystem gestärkt werden kann. Außerdem zielt das 18-seitige Dokument darauf ab, Europas Wirtschaft besser gegen Finanzsanktionen zu schützen. Beides geht gegen die Vereinigten Staaten. (SZ)
EZB - Der frühere EZB-Chefvolkswirt Peter Praet mahnt Regierungen und Märkte, sich rechtzeitig auf steigende Zinsen einzustellen. "Ich glaube, der Ausstieg wird extrem schwierig", sagte er im Interview. Es sei nicht einfach, die Zinsen in einem Umfeld mit hoher Verschuldung zu erhöhen, wenn jeder erwarte, dass die Zinsen "für immer niedrig bleiben". In der Corona-Pandemie hat die EZB die Märkte stark gestützt. Erst im Dezember weitete sie ihre Anleihekäufe in der Krise aus. Die nächste Sitzung ist an diesem Donnerstag. (Handelsblatt)
AUTOINDUSTRIE - Der Chipmangel in der Autoindustrie weitet sich aus, immer mehr Hersteller sind betroffen. Ford stoppt für fünf Wochen die Produktion in seiner Fabrik in Saarlouis, Skoda in Tschechien muss die Fertigung einzelner Fahrzeugtypen zurückfahren. Bis zu vier Millionen Autos werden wegen fehlender Halbleiter in diesem Jahr wahrscheinlich nicht produziert werden können. Die Automobilindustrie warnt außerdem vor zusätzlichen Belastungen durch die Corona-Pandemie und spricht sich gegen weitere Produktionsstopps aus. Es gebe keine Infektionsherde in den Autofabriken. (Handelsblatt/FAZ)
GELDWÄSCHE - Nachdem in Brüssel lange geredet wurde, Konsultationen durchgeführt und Aktionspläne geschrieben wurden, soll es nun endlich konkret werden: Bereits im laufenden ersten Quartal will die EU-Kommission mehrere Gesetzesvorschläge für ein effektiveres Vorgehen gegen Geldwäsche in Europa vorlegen. Dies hatte die Brüsseler Behörde bereits im vergangenen Mai angekündigt. Auf Anfrage bestätigte eine Kommissionssprecherin diesen Zeitplan jetzt noch einmal. (Börsen-Zeitung)
HOMEOFFICE - Vor dem Bund-Länder-Treffen hat Top-Ökonom Michael Hüther vor einer Homeoffice-Pflicht gewarnt. "Dies ist eine Scheindebatte, denn die Unternehmen haben einerseits seit langem die Covid19-Arbeitsschutzbedingungen zu beachten und andererseits weitreichend das Homeoffice ermöglicht", sagte der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Das Menschen auch jetzt im Büro sind, hängt nicht nur mit Arbeitsprozessen und Aufgaben zusammen, sondern ebenso mit den Bedingungen der Beschäftigten zuhause und dem Wunsch nach geordneten Arbeitsmöglichkeiten", führte Hüther aus. (Funke Mediengruppe/FAZ)
STEUERERLEICHTERUNG - Der Mittelstand fordert steuerliche Erleichterungen für die Arbeit im Homeoffice. Das geht aus einem Positionspapier des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft (BVMW) hervor. Darin fordert der Unternehmerverband unter anderem eine Anhebung der Steuer-Pauschale sowie eine zweite Corona-Sonderprämie. Für das Jahr 2020 hatte sich die Bundesregierung darauf verständigt, eine Pauschale von fünf Euro für maximal 120 Tage Homeoffice steuerlich absetzbar zu machen. "Das reicht zukünftig nicht aus. Schon jetzt zeichnet sich öffentlicher Druck auf die Arbeitgeber ab, mehr Homeoffice gewähren zu müssen. Dies fällt umso einfacher, je besser die steuerlichen Bedingungen dafür sind", heißt es in dem Positionspapier. (Funke Mediengruppe)
HAFTUNGSGRENZEN - Als Konsequenz aus dem Wirecard-Skandal, bei dem der Wirtschaftsprüfer milliardenschwere Luftbuchungen nicht entdeckt hat, erwägt die EU-Kommission offenbar, die Haftungsregeln für Wirtschaftsprüfer deutlich anzuheben. Das geht aus einem inoffiziellen Arbeitspapier, einem sogenannten Non-Paper hervor, dass mögliche Konsequenzen aus dem Wirecard-Fall auf europäischer Ebene auflistet. Darin schlagen die Verfasser unter anderem vor, in den EU-Vorschriften die Haftungsgrenzen für externe Rechnungsprüfer bei grob fahrlässigen Fehlern oder bewusstem Fehlverhalten heraufzusetzen oder sogar ganz zu streichen, so dass etwa Wirtschaftsprüfer unbegrenzt haften würden. (Welt)
PROGRAMMIERER - Die Vizepräsidentin der EU-Kommission, Vera Jourova, fordert Ethikregeln für Programmierer. "Profit kann nicht das einzige Kriterium sein", sagte sie im Interview. Die Mitarbeiter der Internetkonzerne sollten schon beim Entwickeln der Algorithmen die Auswirkungen auf Nutzer und Gesellschaft im Blick haben. Jourova will das Thema eines Ethik-Kodexes mit den Digitalkonzernen diskutieren. Die Techindustrie habe sich bislang "für Geld und Technologie interessiert, nicht für Gesetze". Mit der Stürmung des Kapitols durch Anhänger von US-Präsident Donald Trump sei für die Digitalkonzerne "der Moment der Wahrheit" gekommen. (Handelsblatt)
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January 19, 2021 00:19 ET (05:19 GMT)
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