DJ Scholz warnt vor zu hohen Erwartungen in der Fiskalpolitik
Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones)--Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hat eine besser als erwartete Wirtschaftsentwicklung in der Corona-Krise unterstrichen, zugleich aber vor zu hohen Erwartungen für die Zeit nach der Krise gewarnt. "Wir werden auf den Pfad der Einnahmeentwicklung, den wir 2019 vorhergesagt haben, nicht zurückkehren", sagte Scholz bei der Konferenz "Europe2021" von Tagesspiegel, Zeit, Handelsblatt und Wirtschaftswoche.
"Wir haben dauerhaft selbst bei gutem Wachstum und steigenden Einnahmen nicht den gleichen Pfad, wie wir ihn vorher hatten", erklärte der Finanzminister. Zwar sei der ökonomische Verlauf besser als vorhergesagt, und mittelfristig wolle man die Maastricht-Kriterien wieder erfüllen. "Aber für die Jahre der nächsten Legislaturperiode einschließlich des nächsten Jahres wird das anstrengend."
Auf die Frage, ob auch 2022 die Schuldenbremse ausgesetzt werden solle, sagte Scholz, er sei "ganz sicher, dass alle im Blick haben, dass das hier eine besondere Situation ist". Die "Stunde der Wahrheit" für die Bewältigung der fiskalischen Herausforderungen der Corona-Pandemie komme im März, wenn die Eckwerte für den Haushalt 2022 auf den Weg gebracht und die Finanzplanung für die gesamte nächste Legislaturperiode skizziert würden. "Da werden diese Fragen ganz konkret beantwortet werden müssen."
Scholz bekräftigte aber, zur Bekämpfung der Krise könne auch aufgrund der soliden Haushaltslage alles Nötige getan werden. "Wir haben die Kraft, gegen die Krise durchzuhalten, und wir werden sie einsetzen." Auf die Frage, wann der Punkt sei, an dem er sage, dies gehe nicht mehr, erklärte Scholz: "Diesen Punkt werden wir in diesem Jahr nicht erleben, und da wir dieses Jahr die Krise hinter uns lassen werden, gar nicht."
Ausdrücklich sprach sich Scholz für einen "pragmatischen Umgang" mit den Stabilitätskriterien in Europa aus, um das Wachstum nicht abzuwürgen. "Austerity ist kein guter Einfall für Europa", sagte er. Der in der Finanzkrise gemachte Fehler einer rigiden Austeritätspolitik dürfe nicht wiederholt werden. Generell warb der SPD-Politiker für gemeinsame Lösungen auf Augenhöhe anstatt "oberlehrerhafter Hinweise". Der Bundesfinanzminister forderte auch einen Übergang zu Mehrheitsentscheidungen im Steuerbereich und in der Außenpolitik. "Wir können es uns nicht mehr erlauben, dass der Langsamste das Tempo bestimmt", sagte Scholz. Europa brauche "Mut und Leadership".
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February 02, 2021 05:34 ET (10:34 GMT)
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