DJ Infineon: Problem der Knappheit bei Chips für Autobranche bleibt
FRANKFURT (Dow Jones)--Die aktuell massiven Engpässe bei der Belieferung der Autobranche mit Halbleitern werden sich nach Einschätzung von Infineon-Vertriebsvorstand Helmut Gassel zunächst noch fortsetzen. Eine Erholung der Nachfragesituation sei frühestens im zweiten Halbjahr zu erwarten, sagte der Manager in einer Telefonpressekonferenz. Nach Schätzungen können im ersten Quartal weltweit rund 600.000 Autos nicht gebaut werden, weil die nötigen Chips fehlen.
Infineon selbst kann gegenwärtig die Nachfrage nach Microcontrollern nicht vollständig befriedigen, die etwa in Steuergeräten für ABS, Airbag oder Motoren zum Einsatz kommen. Hier ist der Konzern selbst in hohem Maße von Zulieferern abhängig. Bei Leistungshalbleitern gebe es hingegen keine Verzögerungen bei der Lieferung.
Konzernchef Reinhald Ploss sagte, Infineon tue alles, um die Autobranche zu unterstützen. Bei Durchlaufzeiten von drei bis sechs Monaten für einen Chip könne die Produktion aber nicht so schnell hochgefahren werden, wie dies die aktuelle Dynamik auf dem Fahrzeugmarkt erfordere. Infineon zieht angesichts der starken Nachfrage die Inbetriebnahme seiner neuen Fabrik in Villach um gut ein Quartal auf den Sommer vor und baut auch am Standort Dresden seine Kapazitäten aus. Lieferungen von beiden Werken erreichen den Markt aber nicht vor 2022.
Ein Grund für den Engpass von Halbleitern für die Autobranche ist nach Darstellung von Ploss auch die ungewöhnlich starke Nachfrage, die es gegenwärtig aus allen übrigen Halbleiter-Abnehmerbranchen gibt. Besonders die Mobilfunkbranche nehme sehr viele Chips ab. Dagegen sei der Marktanteil der Autobranche mit 8 Prozent nicht besonders groß. Nach Expertenschätzungen braucht allein iPhone-Hersteller Apple so viele Chips wie die gesamte Autoindustrie weltweit.
Überdies seien einige Chipfertiger in China aufgrund der politischen Spannungen vom Markt ausgeschlossen. Kritisches Element sei aktuell die hohe Abhängigkeit der Halbleiterbranche von Auftragsfertigern wie TSMC in Taiwan. Ploss äußerte die Überzeugung, dass es nach den jüngsten Erfahrungen zu einer Umstellung der Lieferketten kommen werde. Aber das brauche Zeit und koste Geld.
"Wir werden mit der Autoindustrie darüber reden, wie wir die Resilienz erhöhen können", kündigte Ploss an.
Kontakt zum Autor: olaf.ridder@wsj.com
DJG/rio/sha
(END) Dow Jones Newswires
February 04, 2021 07:46 ET (12:46 GMT)
Copyright (c) 2021 Dow Jones & Company, Inc.