DJ EZB: Bürger besorgt über Inflation, Wohnkosten, Arbeit, Niedrigszinsen
Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)--Die Menschen im Euroraum machen sich nach Angaben der Europäischen Zentralbank (EZB) über eine Reihe von Dingen Sorgen, die Bezug zur EZB-Geldpolitik haben. Wie sich laut EZB aus der Auswertung der Umfrage "Die EZB hört zu" ergibt, waren die Antworten von einem deutlichen Übergewicht älterer Männer aus Nordwest- und Mitteleuropa geprägt, wobei sich die Sorgen der Menschen in Nord- und Südeuropa teilweise unterschieden.
"Bei der Frage nach Veränderungen des allgemeinen Preisniveaus gingen fast alle Befragten von einem Anstieg aus. Dies deutet darauf hin, dass steigende Preise für sie von größerer Bedeutung sind", schriebt die EZB in einer Mitteilung. Sie hätten die negativen Auswirkungen einer übermäßigen Inflation auf verschiedene Aspekte ihrer wirtschaftlichen und finanziellen Lage hervor (sinkende Kaufkraft, Wertverlust von Spareinlagen und schlechte Chancen auf dem Wohnungsmarkt) hervorgehoben.
Bei der Frage bezüglich einer zu hohen Inflation bzw. Deflation gab der größte Teil der Befragten an, beides zu befürchten, und betonte die Bedeutung von Preisstabilität. Die zweitgrößte Gruppe bildeten Befragte, die sich allein über Inflation besorgt äußerten.
Hohe Wohnkosten wichtiges Thema bei Befragung
Unbezahlbares Wohnen war laut EZB ein immer wiederkehrendes Thema. Die überwiegende Mehrheit der Befragten hielt diese Kosten für inflationsrelevant, und viele forderten, sie angemessener in den Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) einzubeziehen. Insbesondere jüngeren Befragten und solchen aus nördlichen EU-Mitgliedstaaten schien dieses Thema am Herzen zu liegen.
Die Mehrzahl der Befragten erwähnte die Auswirkungen steigender Ausgaben für Lebensmittel und den täglichen Bedarf. Dies beunruhigte vor allem Frauen und Befragte aus südlichen EU-Mitgliedstaaten. Weitere 50 Prozent der über das Portal eingegangenen Beiträge bezogen sich auf Wohnkosten.
Die sich verschlechternden wirtschaftlichen Aussichten und Beschäftigungsbedingungen waren vor allem für Frauen und Befragte aus südlichen EU-Mitgliedstaaten ein wichtiges Thema. Ältere Befragte und Personen aus den nördlichen EU-Mitgliedstaaten zeigten sich eher besorgt über den Wertverlust von Spareinlagen und Renten infolge niedriger Zinssätze.
Viele Befragte wollen größere Rolle der EZB außerhalb ihres Primärmandats
Laut EZB möchte "eine beträchtliche Zahl" der Befragten, dass die EZB eine aktivere Rolle bei der Stützung des Wirtschaftswachstums, der Beschäftigungsförderung, der Bekämpfung des Klimawandels, der Förderung der europäischen Integration und bei der Bekämpfung von Armut und Ungleichheit übernimmt.
Gleichzeitig möchte "eine beachtliche Minderheit", dass sich die EZB ausschließlich auf die Preisstabilität konzentriert und andere Themen den demokratisch gewählten Gremien überlässt. Diese Minderheit möchte außerdem, dass die EZB die Auswirkungen negativer Zinssätze neu bewertet und den Anstieg der Immobilienpreise besser im Blick behält.
Die Befragung der Öffentlichkeit ist Teil der laufenden Prüfung der geldpolitischen Strategie, die im Sommer abgeschlossen werden soll.
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February 08, 2021 12:06 ET (17:06 GMT)
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