DJ Commerzbank: EZB könnte weniger Bundesanleihen kaufen
Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)--Die Europäische Zentralbank (EZB) könnte nach Einschätzung von Commerzbank-Volkswirt Michael Schubert den Ankauf deutscher Bundesanleihen verlangsamen, wenn sich ihre Bestände einer von ihr selbst gesetzten Obergrenze nähern, und stattdessen verstärkt die Staatsanleihen anderer Länder kaufen. Schubert weist in einer Analyse darauf hin, dass die EZB bei ihren Anleihekäufen auch in anderen Fällen von der Richtgröße, dem Anteil eines Landes am eingezahlten EZB-Kapital, abweiche.
Die EZB will nach aktuellem Stand im Rahmen des APP-Programms nicht mehr als 33 Prozent der ausstehenden Staatsanleihen eines Landes kaufen, wobei sie stets betont, dass dies eine selbstgewählte Obergrenze sei. Schubert glaubt, dass der für die EZB zuständige Europäische Gerichtshof (EuGH) auch eine Besitzquote von knapp 50 Prozent tolerieren würde. Das deutsche Bundesverfassungsgericht (BVerfG) dagegen bestand auf 33 Prozent, und Schubert glaubt, dass die EZB diese Meinung nicht einfach beiseiteschieben wird.
Derzeit dürften die 33 Prozent im Falle Deutschlands die EZB nicht behindern, weil der Staat wegen der Corona-Krise mehr Anleihen als sonst emittiert. Aber zu einem späteren Zeitpunkt könnte die Frage wieder akut werden. Schubert weist darauf hin, dass das BVerfG in seinem Vorlagebeschluss für den EuGH 2017 anerkannte habe, dass der Kapitalschlüssel adjustiert werden müsse, weil die EZB keine griechischen Anleihen erwerben könne. Dieser Anteil müsse auf die restlichen Länder verteilt werden.
"Nun ist der Kapitalschlüssel für Griechenland nicht besonders hoch (2,5 Prozent), aber von der Logik her sollte solch eine Adjustierung auch möglich sein, wenn Anleihen aus anderen Ländern nicht erworben werden können", schreibt Schubert. Das könnte seiner Meinung nach ganz konkret bedeuten, dass es der EZB erlaubt ist, in einem gewissen Umfang den Kauf deutscher Anleihen zurückzufahren, weil dort die Ankaufobergrenze näherrückt, und entsprechend die anteiligen Käufe aus anderen Ländern zu erhöhen.
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February 18, 2021 04:38 ET (09:38 GMT)
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