
DJ Scholz und Union streiten im Bundestag über EU-Eigenmittel
Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones)--Die große Koalition hat sich im Bundestag einen Schlagabtausch über die Konsequenzen eines EU-Eigenmittelbeschlusses geliefert, den das Parlament nach den Vorstellungen der Regierung noch in diesem Monat ratifizieren soll. Der haushaltspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Eckhardt Rehberg (CDU), widersprach Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) ausdrücklich und warf ihm indirekt vor, das Thema für den Wahlkampf als Kanzlerkandidat seiner Partei zu benutzen.
"Jetzt in dieser Krise sind wir den Schritt gegangen, den wir gehen müssen, um in eine Fiskalunion hineinzugehen", sagte Scholz bei der Einbringung des Gesetzentwurfes zu dem geplanten Eigenmittelbeschluss, mit dem die Aufnahme von Krediten zur Finanzierung des 750 Milliarden Euro schweren europäischen Wiederaufbaufonds ermöglicht wird. Dazu gehörten auch eigene europäische Einnahmen, wie sie die EU etwa aus einem Klima-Grenzausgleichsmechanismus, der Finanzmarktbesteuerung oder der Besteuerung digitaler Konzerne plant. "Es ist der Weg in die Fiskalunion, und es ist ein guter Weg für Europas Zukunft", betonte Scholz.
Rehberg kritisierte diese Wertung vehement: "Ich widerspreche Ihnen am dieser Stelle ausdrücklich: Dies ist für uns als CDU und CSU nicht der Einstieg in die Fiskalunion, nicht der Einstieg in eine Haftungsunion und nicht der Einstieg in eine Schuldenunion." Die Union halte nur eine zeitlich befristete Kreditaufnahme durch die EU für gerechtfertigt. "Das werden wir, Herr Kanzlerkandidat der SPD, im Wahlkampf ausfechten." Scholz könne seine Ziele einer Vergemeinschaftung der Schulden mit einer Linkskoalition durchsetzen. "Man muss auch hier, finde ich, wenn man als Bundesfinanzminister spricht, für die komplette Bundesregierung sprechen", mahnte Rehberg.
Die Bundesregierung will nach Angaben aus dem Finanzministerium noch vor Ende des ersten Quartals die Ratifizierung des EU-Eigenmittelbeschlusses im Parlament erreichen, um die Aufnahme von Krediten zur Finanzierung des 750 Milliarden Euro schweren europäischen Wiederaufbaufonds möglich zu machen. "Ziel ist es, am 26. März den Bundesrat zu erreichen", sagte eine hochrangige Person aus dem Ministerium vergangene Woche. Zwar wolle man "kein Hauruck-Verfahren" durchziehen, aber es müssten schon alle mitspielen, um dies zu erreichen. Um in Kraft zu treten, muss der Eigenmittelbeschluss von allen 27 EU-Staaten ratifiziert sein. Erst dann können Mittel fließen.
Auch Teile der Opposition übten im Bundestag Kritik. Der Vorsitzende des Haushaltsausschusses, Peter Boehringer (AfD) sprach von einer "historischen Zäsur". Der Beschluss markiere den letzten Schritt in eine "faktische, aber illegale europäische Fiskalunion" und breche alle gegenteiligen Versprechen seit den 90er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts.
Der FDP-Haushaltsexperte Otto Fricke mahnte Union und SPD, sich zu überlegen, "wann Sie mit dem Wahlkampf in der großen Koalition anfangen wollen und bis wann Sie arbeiten wollen".
Grünen-Haushaltssprecher Sven-Christian Kindler forderte seinerseits, nach dem Aufbaufonds ein "Nachfolgeinstrument" zur Finanzierung des klimaneutralen Umbaus der Wirtschaft aufzulegen.
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February 25, 2021 04:50 ET (09:50 GMT)
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